Das IdaKind ist mir ähnlich. Sehr ähnlich. Zu oft einfach zu ähnlich. Dann stehe ich wie heute nach dem Schwimmbadbesuch auf beiden Seiten - aber keine ist richtig. Ich kenne ihre Wut. Weil etwas nicht erlaubt ist, nicht gelingt, nicht passt. Es ist ein ohnmächtiges Fühlen einer Macht, die irgendwie raus will - aber eigentlich keinen Platz hat, keinen Platz findet. Weil da jemand ist, der eben dieser Wut, dieser all zu mächtigen Ohnmacht partout keinen Platz geben will.
Weil ich sie fürchte.
Und weil da jemand ist, bei dem irgendwann genau diese mächtige Ohmacht aus dem Inneren nach oben strömt und ein Pendant findet. Und das kann auch schon mal zu einer hochexplosiven Spannung führen. Wie sehr ich mich einfühlen kann in dieses Kind! Und wie sehr sie genau damit meine Grenzen unwissentlich niedertrampelt - einfach weil sie ist wie sie ist. Wie sehr wünschte ich mir zu Zeiten als ich noch wünschen konnte, aber noch keine Worte hatte, dass mein grosses Gegenüber jemand sei, der mit mir diese Wut aushält, mich hält, mir erlaubt genau das, was ich gerade fühle irgendwo hinaus zu lassen.
So jemanden gab es nicht. Und ich verlernte zu wünschen, verpackte irgendwann alle Wut meines kleinen Lebens in die hinterletzte Ecke meines Seins. Bis irgendwann diese hinterletzte Ecke so sehr angefüllt war, dass die Wut ihren Raum forderte. Nicht laut. Nein, niemals laut. Das war weiterhin verboten. Wut ist nicht erlaubt. Wut ist nicht zu zeigen. Sie nahm auch nicht den Umweg über mein Fühlen. Sie bahnte sich einfach einen Weg, um ins Draussen zu kommen, und ich zeichnete mich so für mein Leben.
Manchmal fürchte ich davor, dass es mir nicht gelingt, das Kindelein genau das fühlen und erleben zu lassen, was gerade in ihr ist. Ich fürchte, dass es mir nicht gelingt, mit ihr auszuhalten, sie zu halten. Ihre Wut zu ertragen, anzunehmen und in Bahnen zu lenken, in denen sie sein darf, sein muss. Ihr zu zeigen, wie sie Wut leben darf. Und diese Furcht ist berechtigt, weil ich es selber oft nicht weiss. Weil ich noch auf der Suche bin.
Es gibt Tage, Zeiten, Phasen da fällt es mir leicht. Phasen in denen ich mit ihr stampfe, auf das Sofa trommele, wo wir husten und dann lachen vor Staubaufwirbelei. Aber es gibt mindestens ebenso viele, in denen wenig geht. Wo ich nicht in der Lage bin, sie zu tragen und zu halten. Und genau das tut mir unendlich leid.