Mittwoch, 6. Februar 2019

WMDEDGT - Februar 2019

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit.

Die Wecker klingeln roundabout 6 Uhr, meiner erst um 6.23 h, während die anderen drei da schon fast am Frühstückstisch sitzen. Die Morgenroutine ist die eines üblichen Werktages, heute mal ohne Katastrophen, Wutanfälle oder Streitereien. Die Kinder verlassen das Haus um 07.00 Uhr zum Bus, ich folge kurz danach, HerrNebeL ein paar Minuten später.
Die Bushaltestelle ist schon verwaist, als ich vorbei fahre. Es geht für mich 20 km über Land in eines der Nachbarstädtchen. Dort ist am Stadtrand die Rehaklinik, in der ich seit nun mehr 20 Jahren arbeite - zuerst als studentische Hilfskraft nach einem Praktikum, seit 2000 dann festangestellt als Sprachtherapeutin. Es ist schön, wieder einmal zu merken, dass es des Morgens auf der Fahrt wieder heller wird und ich nicht mehr im Stockdunkeln am Arbeitsplatz ankomme.
Ich fahre den Rechner hoch, der derzeit einige Minuten braucht, ziehe meine wenig vorteilhafte Arbeitskleidung an - weisse Hose und blaues Polohemd. Vor allem wenig vorteilhaft aufgrund der wenigen Taschen, die mit vielen Dingen arg gefüllt sind: in der Gesäßtache mein Schlüssel, mein täglicher Arbeitsplan und eine Packung Kaugummi und in der Brusttasche mein Scanner, ein Sterilium Fläschchen, 2 Bleistifte, ein Folienstift, ein Radiergummi. Wie das aussieht, mag sich nun jeder selber vorstellen.... Immerhin soll es irgendwann neue Hosen mit vier statt einer Tasche geben. Der Zeitpunkt dessen ist jedoch ungewiss....
Ich checke, wen ich heute behandele, bereite die Therapien ein wenig vor, drucke den Tagesplan aus und gehe um 08.30 h in den Teamraum, mache meinen morgendlichen Kaffee und gehe auf Station. Hier drucke ich wieder - diesmal Patientenlisten für alle Kollegen und koordiniere den Plan für die Patienten auf der geschützten Station. Um 08.45 Uhr  besprechen wir im Team - Therapeuten, Arzt, Oberärztin, 2 Praktikanten, eine Pflegekollegin und die Stationsassistentin - tagesaktuelle Dinge. Hier und da wird über irgendwelche Infos diskutiert und es werden Planänderungen besprochen. Kurz vor neun sind wir durch, ich drucke die Pläne für die Patienten im geschützten Bereich aus und bringe sie der Kollegin in den Frühstücksraum, die jeden Morgen ritualisiert die Pläne an die Patienten verteilt und deren Tagesverlauf bespricht.
Von 09.00 Uhr bis 12.30 Uhr habe ich Therapiezeit, zwischendurch ergibt sich heute - vermutlich durch einen akuten Noro Viren Fall bei einem meiner Patienten - für mich eine Freieinheit. Diese nutze ich, um meinen Aufenthalt in Hannover zu einer Fortbildung Anfang April zu planen. Recht schnell kommt mir die zündende Idee, dass wohl eine Messe zu der Zeit stattfinden muss, da ich zunächst quasi keine und später dann Zimmer in der Preiskategorie 200 Euro pro Nacht aufwärts (und zwar weit aufwärts) finde. Selbstredend ist auch im Fortbildungszentrum kein Zimmer mehr frei. Nach einer Weile weiterer Suche finde ich eine Privatunterkunft, auch wenn ich nun noch nicht weiß, wie ich das finden soll. Aber immerhin bleibe ich preislich gesehen weit unter 200 € pro Nacht. Nach der Mittagspause geht es weiter mit der Versorgung von Patienten sowie einer Planungseinheit für die Therapiepakete meiner Station und noch eine kurze Dokumentationszeit. Um halb vier verlasse ich die Klinik (quasi pünktlich, was eher eine Seltenheit ist), kaufe kurz ein und fahre nach Hause. Beide Kinder sind schon da, weil heute aufgrund von Zeugniskonferenzen nur halbtags unterrichtet wurde. Außerdem hat das große Kindelein ein großes Paket angenommen:


Da ihre Matratze fast so alt ist wie sie und ich neulich, als sie mit der Klasse auf Skifreizeit war, feststellte, dass das ziemlich genau zu merken ist, wenn man darauf schläft, habe ich kurzerhand eine neue bestellt. Ich schlafe selber seit 2 Jahren auf einer solchen Matratze und bin nach wie vor recht glücklich damit. Die Matratze des Kindes liegt schon herum und lüftet aus. 
Mit einem Kaffee gehe ich runter zu meiner Mutter, quatsche ein bisschen mit ihr, schiele unauffällig hier und dort hin, checke diverse Dinge des Alltags, kläre Termine und suche - wie jeden Tag - irgendetwas, was sie sucht. Nach dem Kaffee breche ich auf zum Psychiater Termin, den ich turnus mäßig mindestens alle drei Monate habe. Momentan geht es vor allem um einen kurzen Austausch des Standes der Dinge - wie es eben geht, wie ich umgehe mit Belastungen, was möglich ist zu tun und ob eine Medikationseinstellung erforderlich ist. Letzteres ist momentan nicht der Fall. Mit manch anderem tue ich mich schwer. Die Belastungen sind hoch, seit vielen Monaten, ich funktioniere durchgehend, wenn auch mal mehr schlecht als recht, aber ich funktioniere. Drumherum versuche ich ebenfalls seit Monaten, viel Ausgleich für mich zu schaffen, wobei das meiste, was ich an Energie für mich gewinnen kann, irgendwo im Nirvana verpufft. Meist frag ich mich nicht mehr, wie es mir geht. Ich mache einfach. Und mache weiter, weil mir kaum eine Wahl bleibt. Da ist wenig Raum, mich selber einzulassen auf mich, oder besser mich zu kümmern um mich. Weil ich mich viel zu viel um andere kümmere, oft kümmern muss. Ich habe momentan ein Stück weit resigniert, fühle mich ohnmächtig und hilflos. Ich handele, arbeite ab. Alle aufgelaufenen to-dos werden der Dringlichkeit nach abgearbeitet. So, wie es eben nötig ist. Und immer, wenn sich tatsächlich mal eine Weile Entschleunigung einstellen könnte, finde ich garantiert irgendein Projekt und ich verfalle wieder in Aktionismus. Runterkommen und Ruhe finden gelingt nicht. Ich habe es momentan so akzeptiert und hoffe auf den richtigen Zeitpunkt, wieder hinschauen zu können. Hilfreich sind  solche "Eckpfeiler" wie eben dieser Termin, wo ich dann doch mal ein Stück weit genauer denke, fühle, antworte.
Direkt danach kläre ich mit meiner Schwester telefonisch, wie wir auf einen wieder einmal sehr wunderlichen Brief des gegnerischen Anwalts in der laufenden Erbstreiterei reagieren. Auch wenn die Auseinandersetzung abgeschossen schien, stellt dieser noch wunderliche Fragen zum im Verlauf bereits geklärter Sachverhalte und bittet um die Beschaffung von Dingen, die der Gegenseite längst vorliegen. Nett dabei auch der abschließende Satz, dass die Gegenseite sehr an der baldigen Beendigung der Auseinandersetzung interessiert sei. Bitte, nur zu - eigentlich sind sie am Zug: bereits seit November liegt der gefundene Konsens deren Notar vor, irgendwie können wir da jetzt auch nichts beschleunigen. Immerhin ist da diesmal nichts, was noch in irgendeiner Form zur Pulsbeschleunigung führen würde. Ich reagiere lediglich mit einem müdem, gequältem Lächeln und Augenrollen.
Auf der Fahrt zurück meldet sich die Elektronik des neuen Autos wiederholt lautstark mit dieser Anzeige:



Wunderlich nur, dass hinten weder jemand sitzt oder gar heute saß, geschweige denn, dass ein Anschnallgurt genutzt wird oder wurde. Auf den Sitzen steht auch nichts, sodass ich mir das aufgeregte Gepiepe nicht erklären kann. Ich ignoriere es hartnäckig und hoffe, dass bei der nächsten Fahrt Stille herrscht. Lust, geschweige denn Zeit, in der Werkstatt vorstellig zu werden habe ich nämlich keine. Ich versuche zudem, dem Gedanken, dass es doch keine gute Idee war, den geliebten (sehr) alten Wagen, der mit quasie keiner Elektronik auskam, abzugeben, nicht weiter zuzulassen. Irgendwie hatte es ja schon einen Grund, weshalb wir arg an dem Ding hingen...
 
Daheim angekommen mixe ich schnell einen Drink für nach dem Sport für die langjährige Hockeyfreundin und mich (mit Quark, Haferflocken, Mandeln, Obst, Milch und nem Schuss Agavendicksaft), ziehe mich um und fahre die langjährige Hockeyfreundin abholen. Zwischenzeitlich ist HerrNebeL heimgekommen und bereitet das Abendbrot zu.
Im Fitnessstudio machen wir eine Weile Ausdauer- und dann Krafttraining. Mittendrin treffen wir meine Schwester, die von einem Kurs kommt (auf dem Stepper. Hoffnungslos verloren wäre ich, weil viel zu viel Koordination gefragt ist und das bitte synchron im Tempo der Musik...). Um halb neun springe ich schnell unter die Dusche, während die langjährige Hocheyfreundin kurz mit ihrem Cousin, den wir ebenfalls zufällig dort treffen, quatscht. Irgendwie liegt der neuere Standort des Fitnessstudios  für verflixt viele Menschen der Stadt verflixt günstig. Glücklicherweise kommen aber nahezu alle wirklich zum sporteln dort hin und nach kurzem Hallo geht meist jeder seinen eigenen Dingen nach. Im Frühjahr und zum Sommer hin wird es erfahrungsgemäß wieder etwas ruhiger werden. Um zwanzig vor neun verlassen wir das Studio (rekordverdächtige Duschzeit!) und fahren zur Freundin, wo wir 2 Minuten nach Anpfiff des Pokal Achtelfinales den Fernseher einschalten. Die ursprünglich geplanten 90 Minuten werden dann dank Verlängerung und Elfmeterschießen etwas länger, sodass ich nach der Ankunft zu Hause nicht mehr am Tagebuchbeitrag weiterschreibe. HerrNebeL und die Kinder sind schon im Bett, in das ich mich dann um kurz nach Mitternacht auch verkrieche, selbstverständlich nicht ohne eine abschließende twitter Runde.

Mehr Tagebuchbloggerei findet sich wie immer hier.