Donnerstag, 6. Dezember 2018

WMDEDGT - Dezember 2018

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit. 

Ich habe heute den ersten meiner Resturlaubstage, kann also eigentlich ausschlafen. De facto werde ich um halb sechs vom ersten Weckerklingeln wach. Das kleine Kindelein liegt bei uns im Bett und kuschelt ein Weilchen, um dann nochmal kurz einzunicken. Roundabout sechs steht sie dann doch auf, die beiden Anderen Menschen geistern schon durch die Wohnung. Kaum zehn Minuten später geht das allmorgendliche Getöse los, Streitereien, Sticheleien und Geschirrgeklapper beim Frühstück, dem ich aufgrund unseres Wohn/Esszimmer/Schlafraumes (eines zugegebenermaßen recht großen Raumes) nicht entgehen kann. Irgendwann um 07:00 Uhr herum verlassen die drei das Haus und ich kuschele mich erneut ein, bis zum Weckerklingeln um 09.00 Uhr. Ich mache mich in Ruhe fertig und fahre in einen Park in Innenstadtnähe, wo ich mit einer lieben ehemaligen Arbeitskollegin - trotz wenigem Kontakt empfinde ich sie als Freundin - zum Frühstück verabredet bin. Ich bin zuerst dort und werde im Cafe durch eine unerwartet hohe Geräuschkulisse sehr überrascht. Es scheint ein Kurs oder eine Schuklasse von rund 30 Jugendlichen dort zu sein, möglicherweise mit Austauschschülern, wie sich im Verlauf herausstellt. Ich lese, bis auch die im Stau stehende Freundin eintrifft. Wir verbringen einen schönen, entspannten Vormittag dort, der sicherlich noch ein bisschen mehr an Qualität gewann, als sie Schulklasse das Cafe verließ - einfach weil es doch sehr laut war. Mitten im Raum brennt den gesamten Vormittag der Kamin, es ist schön eingerichtet, die Atmosphäre und die Gespräche sind unkompliziert, angenehm und entspannt - trotz mancherlei Ernsthaftigkeit. Mittendrin bedürfen meine  Kinder ein wenig Unterstützung, weil wir lose verabredet sind, zur Klärung, wann wir uns wo treffen und wie sie dort hin gelangen. Ich stelle wieder einmal fest, dass der Grad der Selbständigkeit durchaus variabel ist, wobei die beiden insgesamt schon recht selbständig sind. Letzlich treffen wir uns am frühen Nachmittag am neu eröffneten Busbahnhof der Stadt; jahrelang gab es eine Großbaustelle im Hauptbahnhofsbereich, die nun endlich weitestgehend der Vergangenheit angehört. Ich fahre zum ersten Mal ins dortige Parkhaus und komme im Foyer des Hauptbahnhofes aus. Innen drin ist es irre kalt, gar kälter als draußen und ich sehne mich sehr nach einer Mütze. Als ich die Kinder treffe, kaufen wir zunächst eine Kleinigkeit zu Essen, um dann ein Geburtstagsgeschenk für die beste Freundin des großen Kindes zu besorgen und mit den Besorgungen der diesjährigen Twitterwichelgeschenkte zu beginnen. Lustigerweise findet K1, die sich viele genaue Ideen zurechtgelegt hatte, nahezu nichts, wärhrend K2 spontan und unvorbereitet Vieles für ihr Wichtelkind findet und kauft. Ein wenig blöd ist, dass ich neulich eine Stoffbestellung für ebendiesen Anlass aufgab, aber erst 2 Tage nach der Bestellung die veränderte Lieferzeit bemerkte: 12 - 14  Werktage. So werden unsere Wichtelkinder dieses Jahr wohl 2 Mal Post bekommen....
Von dort aus fahren wir zum Elternsprechtag in die Schule der Kinder. Der erste Termin ist fürs kleine Kind, wo wir mehr soziale Dinge bereden, schulisch ist alles im grünen Bereich, aber es war mir ein Bedürfnis, zurück zu melden, wie sich die Anfangszeit auf der hohen Schule  gestaltet hatte. Ein klein wenig befremdlich fand ich, dass das Erscheinen der Schüler nahezu mit eingefordert wird, wobei sich mir dann der Sinn des "Eltern"sprechtages nicht recht erschließt. Dinge, die die Lehrer mit den Kindern klären können, siedelte ich bisher im Schulalltag an. Mag sein, dass ich aber von der Einrichtung von Einzelgesprächen in unserer Grundschulklasse zwischen Schülern und Lehrerin vor den Elternsprechtagen, auch ein klein wenig verwöhnt bin. 
Anschließend bringe ich die Kinder heim, treffe HerrnNebeL und wir fahren nach Klärung des abendlichen Ablaufes der Kinder zu Hause ohne uns wieder in die Schule, um zwei Gespräche über das große Kind zu führen. Sie kommt aus logistischen Gründen nicht mit, weil uns im Anschluß ein weiterer Termin bevorsteht. Die Gespräche sind vollkommen in Ordnung, wir haben keinerlei Grund zur Sorge, trotz der Tatsache, dass wir zum ersten Mal zum Elternsprechtag gebeten wurden. 
Sehr großartig finde ich - im Gegensatz zu allen SchülerInnen der Klasse -, dass die Klassenlehrerin für jede Ferien verlangt, ein Buch zu lesen. Meistens stellt sie welche zur Auswahl, was in der Regel Bücher sind, die das Kind neimals von selber lesen würde.Am Ende aber ist sie bisher immer recht zufrieden, oder gar begeistert über das jeweilige Buch gewesen. Das große Kind liest sehr viel, ich würde gar behaupten, dass sie bereits mehr gelesen hat in ihrem Leben als ich - und das obwohl ich sehr gerne lese. Um so toller finde ich, wenn auch mal Input bezüglich der Themenwahl von außen kommt und sie Literatur entdeckt, die sie ansonsten nicht beachtet hätte. Dennoch weiß ich, sie wird klagen, dass sie "schon wieder" ein Buch in der Weihnachtszeit wird lesen müssen. Ich verstehe das nicht recht, da sie in den 2 Wochen Ferien sowieso mindestens 2000 Seiten freiwillig lesen wird, so wie ich sie kenne. Als käme es da auf ein paar mer oder weniger an...
Aus der Schule geht  es ab zum Elternabend bezüglich des neuen Sportes der Mädchen. Am letzten Wochenende nahmen sie an einer Cheerleading Meisterschaft teil, an der weitere 130 Mannschaften zugegen waren. Das war ein ziemliches Event. Ihr Team hat das wunderbar gemacht und - auch aufgrund einer glücklichen Fügng - eine Einladung zu einem Summit in Florida nächstes Jahr im Mai bekommen, zu der rund 500 Cheerleading  Mannschaften erscheinen werden. Unter den Eltern tat sich deswegen in den letzten Tagen großer Enthusiasmus auf und der Elternabend diente der Entscheidungsfindung, ob das gewollt und zu stemmen ist.
Es dauerte ein Weilchen und trotz unserer anfänglichen Befürchtung, das wir mit unserer hohem Skepsis und der 99%ig klaren Absage von unserer Seite allein auf weiter Flur stünden, einigte man sich am Ende fast konsensuell darauf, dass das Ganze realitätsfern und vor allem ein paar Nummern zu groß einzuschätzen ist. Um kurz vor acht erinnerte ich die Kinder per Textnachricht kurz an die Bitte, um 20.00 Uhr im Bad und nachfolgend im Bett zu verschwinden. Anschließend hörten und lasen wir nichts weiter mehr. Um 21 Uhr brachten wir nach dem Ende des Elternabends die Trainerin und ihr Auto heim, weil diese angeschlagen war, und sich eine Migräne Attacke ankündigte. Kurzfristig entschieden wir, noch um die Ecke von daheim einzukehren und den recht stressigen Nachmittag und Abend in Ruhe ausklingen zu lassen. 


Es ist großartig, dass wir die Kinder zeitweilig so ganz allein zu Hause lassen können und wenig Sorge haben müssen. Es läuft, und das ist schon ein sehr großes Privileg, ab und an so ein wenig mehr Zeit und Ruhe für uns generieren zu können - auch wenn das heute Abend mit Pflichtterminen verbunden war. Große Kinder sind ganz oft ganz schön toll.
Daheim blogge ich, HerrNebeL geht zu Bett. Ich versuche noch, die Stiefel der Kinder zu bestücken - leider jedoch finde ich die Kleinigkeit, die es neben Bonbons und Schokolade für das große Kind geben sollte nicht und fürchte, dass ich da nun noch improvisieren muss, bevor ich auch schlafen gehen werde.

Mehr Tagebuchbloggerei von heute findet ihr wie immer hier.

Montag, 5. November 2018

WMDEDGT - November 2018

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit. 

Der Tag startet mehr als bescheiden. An geschlafenen Stunden steht vorne eine 4, ich habe blödes Zeug geträumt und das Glas Wein, das ich nach dem gestrigen Blogpost trank, war offensichtlich schlecht. Ich ziehe mir die Decke über die Ohren und warte so lange als möglich, um jedweder schlechten Morgenstimmung der Mädchen aus dem Weg zu gehen, weil ich sicher bin, heute in keiner Form ruhig und entspannt reagieren zu können. Einmal mehr bin ich dankbar um die Morgenroutine des HerrnNebeL, der die Mädels so gut auf den Weg bringt, dass ich mich nur um mich selber kümmern muss. Der seit einiger Zeit an meinem Handgelenk wohnende Tracker knallt mir beim Aktualisieren an den Kopf, wie ich mich fühle: Der Schlaf war stressig, ausnahmslos alles orange. Ich dachte ja immer, man erhole sich wohl im Schlaf. Ich scheine anders zu sein, oder das Ding ist kaputt. Mindestens die Hälfte meines Schlafes ist immer von Stress bestimmt. Wunderlich. Immerhin kann ich mit der Anzeige der Waage heute morgen leben. Die Kinder sind aus dem Haus, ich mache mich fertig und fahre ebenfalls los. Zunächst neuen Kaffee kaufen und Schokolade, die wieder nur die Anderen essen werden. Ich bin völlig durch, auf der Fahrt holt mich wie so oft die Trauer um meine Väter ein. Sie packt mich hinterrücks lächelnd, weil ich in diesem Moment nicht weg kann. Ich sehne mich nach einer Pause, habe aber wieder einmal keine Ahnung, wie ich mir diese nehmen soll und mache, was ich immer mache - halt weiter. Auf dem Weg steigen an der liebsten Wegstelle einzelne Morgennebelfelder auf und ich verwerfe den kurzen Impuls, anzuhalten und einfach hindurch und los zu spazieren. 
Im Büro angekommen, merke ich, dass die extra besorgte Plastikbox, in der ich Kram verstauen möchte, eine  Nummer zu groß ist. Im Nachbarbüro höre ich die Kollegin schniefen und weiß, dass ich mir irgendwann ihre Befindlichkeit werde anhören müssen. Ich schließe Wetten mit mir selber ab, wann sie krank daheim bleibt. Meinen  inneren Unfairnessgefühlen gebe ich heute einen mit dem Holzhammer drüber, weil ich gar nciht darüber nachdenken will, dass ich es schlicht selber schuld bin, oder dass es halt mein eigenes Problem ist, dass ich mir eben keine Auszeit nehme, andere dies aber früher, anders, sorgsamer, was weiß ich tun. Heut geh ich diese Diskussion nicht mit mir ein. 
Ich freu mich über nette Worte auf twitter, denke kurz über meine momentan vorherrschende DauerNotfallSituation nach und lass die Notfallpillen trotzdem in der Tasche, um mir nicht noch ein weiteres Problem zu angeln. Umsichtiger Umgang macht Sinn. Der Vormittag ist hart. Ich stehe einerseits unter Dauerstrom, der Körper kommt andererseits irgendwie nicht mit. Im engen Patientenkontakt finde ich ein wenig Ruhe, weil ich mich einlassen kann auf mein Gegenüber. Ich schüttele manchmal elber den Kopf über mich, wie ich auch in solchen eignenen Hochbelastungssituationen ruhig, geduldig und empathisch mit meinem Patienten umgehen kann und es zugleich so oft schaffe, ihnen genau den Rahmen und Raum zu geben den ich mir selber nicht zu schaffen in der Lage bin. Die Pause mit den Kolleginnen schenke ich mir und trinke nur einen Kaffee in meinem Büro. Nachmittags folgt eine Besprechung, die wiederum Stresspotential mit sich bringt. Ich werde irgendwann vedammt deutlich in bezug auf meines Erachtens nach stattgehabte Versäumnisse. Sachlich, diplomatisch aber ordentlich deutlich. Nach der Besprechung kläre ich die Beweggründe dazu noch kurz mit der Oberärztin, weil der ein oder andere dadurch in keinem guten Licht rumstand. Ist mir egal, ich habe beschlossen, genau so weiter zu machen, weil ich keine Lust habe, alles einfach so hin zu nehmen und nur im Stillen zu schimpfen, wie der eine Teil der Kollegen, oder auf Konfrontationskurs, der auch unter die Gürtellinie  geht, zu gehen, wie der andere Teil der Kollegen. Mir ist nach klarer, fairer Kommunikation, Kompromisskursen und gutem Klima und so verhalte ich mich auch.
Eine weitere Patientin betreue ich noch, bevor ich nach Dokumentationen um etwa 16 Uhr heim fahre. Die Kinder sind noch nicht aus der Schule zurück. Meine Mutter ist zu Hause und bittet um Hilfe. Oft sind ihre Hilfsanfragen so unglaublich banal und gleichzeitig oder gerade deswegen schockierend, dass ich sie gar nicht wiedergeben kann. Ich helfe, keine Frage, aber stehe innerlich manchmal so ratlos da, was ich damit und mit dem Wissen, in was für Dingen sie Unterstützung braucht, machen soll. 
Ich packe anschließend ein Paket aus, in dem eine Menge Pullover für die Schwester zum Geburtstag sind (und eines für mich in fröhlichem grauschwarz :-)). Die Kinder kommen heim, wir bereden kurz ein paar Kleinigkeiten, bevor ich los fahre zum Chor in der Schule der beiden. Er besteht aus einem vokalpraktischen Kurs der Q1 sowie einigen Eltern und wenigen Schülern anderer Stufen. Die Probe ansich ist gut, ich mag die Lieder und manches, was letzte Wcohe noch gar fürchterlich war, klappte plötzlich. Anstrengend sind jedoch 2 Schülerinnengruppen, die sich niemals nicht daran halten können, nicht miteinander zu reden, während die anderen Stimmen proben. Leider findet danach noch ein Elternstammtisch der 9. Klasse statt - und eine der Elternvertreterinnen ist mit im Chor, sodass mir das Drücken darum nicht gelingt. Wir treffen uns in der Kneipe an der Ecke der Straße, quatschen ein wenig über Klassenangelegenheiten. Ich merke, wie wenig ich im Thema bin und wie selbständig das große Kind alles erledigt. Einmal mehr bemerke ich unsere an vielerlei Stelle doch recht strenge Einstellung (kaum social media Apps für die Kinder, keine Fortnite oder andere Baller Spiele, wenig TV, Reglementiereung der Handy Nutzung, kein Handy im Kinderzimmer, das Aufstellen von und Halten an Regeln...). Es ist immer wieder spannend, wie anders manche andere das sehen und agieren. 
Mir schwirrt der Kopf nach den 1 1/2 Stunden, weil die Geräuschkulisse zu hoch ist, die Gespräche zuviel, das Reden zu schnell. Mitten drin erreicht mich die Nachricht, dass HerrNebeL noch arbeitet und ich kläre kurz mit den Kindern, dass und wie sie das Abendprozedere inklusive Abendessen und Schulkram vorbereiten, erledigen sollen. Gegen zehn bin ich daheim, tausche mich kurz mit dem heimgekommenen Gatten aus. Die Kinder sind beide bereits im Bett, die eine schlafend, die andere auf dem Weg dorthin. 
Ich tagebuchblogge mit einer Kanne Kräutertee und versuche nun, ein klein wenig runter zu kommen. Vielleicht in der Wanne, vielleicht mit dem derzeitigen Hörbuch. Darüber hinaus hoffe ich auf eine bessere Nacht und einen entspannteren morgigen Tag. Letzlich erfüllt sich diese Hoffnung momentan sehr selten, sodass ich eigentlich mit einer innerlich sehr hohen pessimistischen Grundstimmung sowohl in die Nächte als auch die Tage gehe. Mir scheint, das ist insgesamt keine gute Idee - leider gelingt das aus Gründen gerade kaum anders.
Vielleicht nächten Monat wieder.
Mehr Tagebuchbloggerei wie immer hier.

Gut siehst du aus

... oder wie mich drölfzig sicherlich lieb und ehrlich gemeinte Kommentare aus der Bahn werfen.

Der Mann der Besten wurde heute 60 und die Beste organisierte einen kleinen Überraschungs-Umtrunk mit schätzungsweise 30 Gästen. Die Beste und ihren Mann kenne ich, seit ich 16 bin sehr eng, nehme seit Jahren an Familienfeiern teil, ihre Kinder sind meine Patenkinder im Herzen, wenn auch schon beide weit über 20 Jahre alt sind. Demnach kenne ich auch viele der Gäste. Meist aber aber sieht man sich selten; an Feierlichkeiten, an Sport Events, die durchaus seltener geworden sind - zumindest in unserer Altersklasse. 
Am späten Nachmittag machten wir uns nach einem wieder mal aufreibenden Vormittag auf dem Weg dorthin - es gab daheim zwar wenig wirklich zu tun, aber da sind stets Dinge, die mich umtriebig machen, die es zu erledigen gilt und die selten ohne Übellaunigkeit enden.
Ich zog ein neueres Kleid an, freute mich, dass es noch passt, weil hier seit Monaten die Kilos schwinden, somit  manches einfach nicht mehr passt oder aussieht wie ein Kartoffelsack, dem der Gürtel fehlt.
Fünf Mal hörte ich den Kommentar: "gut siehst du aus". Schön, ja wie schön eigentlich.
Aber es haut mich um, macht mich traurig und nachdenklich. Ich mag gut, schön aussehen, weil mein Körper eine ansehnliche Silhouette  hat. Konturen mit Kanten, wo es zuvor jahrelang nur Kurven gab. Nicht, weil ich es selbst so gewählt hätte, sondern weil Medikamente und Hormone meinem Körper zusetzten. Ich habe zu viel gewogen, hatte Bauch, war übergewichtig, wenngleich auch viele sagten: "du bist doch nicht dick". Nein und doch. Ich war viel. Nicht immer. Aber zumindest jahrelang.
Heute bin ich deutlich deutlich weniger, weil ich hineinrutschte in eine mir all zu bekannte Sucht. 
Seit ich in der Pubertät war, stand ich auf Kriegsfuß mit meinem Körper, kanalisierte mein verwundetes Seelenleben in die Körperlichkeit. Bis ich schwanger wurde, war ich gefangen in bulimischer Anorexie, mal mehr, mal weniger. Inklusive monatelangem Klinikaufenthalt. Niemals war ich mir wenig genug, niemals hatte ich ein ausgewogenes, realistisches, gar gesundes Verhältnis zu meinem Körper. Als ich schwanger wurde(wovon ich niemals glaubte, dass mein Körper das nach Jahren der Sucht je schaffen würde), konnte ich all das hinten an stellen. Es galt, für mein Kind zu sorgen und ich konnte ein "normales", ein weitestgehend gesundes Essverhalten zulassen. Es war nach der Geburt nie so richtig perfekt. Mein Selbstbild immerzu zu dick, ganz gleich, ob es 65 oder 80 Kilo waren. Aber ich konnte damit leben, konnte es hinnehmen, ich akzeptierte. Es folgten immer wieder Zeiten mit Gewichtszunahmen aufgrund notwendiger Psychopharmaka. Manche vertrug ich besser, andere eben nicht. Seit einiger Zeit nehme ich nur Notfallmedikationen. Auch hier mal mehr und mal weniger, aber Auswirkungen auf meine Körpermasse hat diese keine.
Seit rund einem Jahr esse ich wenig. Oft sehr wenig. Es schlich sich ein, ich verlor aufgrund viel zu vieler äußeer Anforderungen und Umstände den Appettit - wie so mancher es eben tut. Ist das Leben stressig, traurig, schwierig, anstrengend, reagiert jeder anders. Essen macht mir dann keine Freude mehr. Obwohl ich ein Genuß-Mensch bin. Wie sehr ich gutes Essen doch eigentlich mag! Aber seit dem Tod des Stief-Vaters war es mir gleichgültig, seit Beginn der Erbstreitigkeiten erst recht. Zudem nahmen die Belastungen daheim permanent zu. Wie es dann so ist: das Essen fällt irgendwie hinten rüber. Es dauerte nicht lange und es wandelte sich: es war eben nicht mehr nur ein Appetenzverlust, sondern wurde zur Essensverweigerung. Ich aß nur, wenn ich gesehen wurde, aß nur, um nicht aufzufallen. Jedes bisschen Nahrung in mir war zuviel, fühlte sich an wie ein Stein in mir. Ganz manchmal ertrug ich eine Mahlzeit, die objektiv betrachtet zumeist nicht mal eine wahre Mahlzeit war, nicht in mir und ich erbrach sie. Nicht oft, aber es kam eben vor. Die Waage wurde mir Freund und Feind, der Tag definiert durch einen Gewichtsverlust oder eine Zunahme. Ich verlor weit mehr als ein Viertel meines Gewichtes. Ich bin heute (wieder) schlank. 2-3 Kleidergrößen Unterschied zu letzten Herbst. Ich halte mich fest en meinen Knochen, die Hüftknochen stehen heraus, man sieht die Schlüsselbeine. Oftmals habe ich eben diese in der Hand, streiche darüber, spüre ihre so wunderbare Härte. 
Da sind Menschen, die sich sorgen. Menschen, die meine Geschichte kennen. Ich belüge die, die mir nahe stehen in der Regel nicht mehr. Zur Not lasse ich sie gar kontrollieren, wie mein Gewicht ist, wenn sie mir nicht glauben mögen, was die Zahl auf der Waage sagt. Ich gehe offensiv zum Hausarzt und kläre Blutwerte, lasse Mangelernährungszustände checken. Loslassen kann ich aber nicht. Ich bin im unteren Mittel des Normalgewichtes, aber ich bin mir zu viel. Ich schwanke zwischen dem objektiven Wissen, der objektiven Betrachtung und kann dennoch mein Empfinden von Körperschema nicht positiv beeinflussen. Ich bin mir zuviel. Und ich weiß, dass mein Vorsatz, mir nicht mehr zuviel zu sein, wenn ich Gewicht xy erreicht habe, keinen Bestand haben wird. Auch dann werde ich mir zuviel sein. Ich bin gefangen in der Sucht, auch und obwohl ich so vieles weiß, so vieles durchschaue. Ich halte fest an ihr und ich halte mich an ihr fest. Ich sehe momentan keine Auswege, kann momentan keine Hilfen annehmen. Wobei ich reden kann. Thematisieren kann. Wobei ich nicht verleugne. Zumindest einem ausgewählten Personenkreis gegenüber. Das ist weit mehr als früher. Ich erkenne, habe früh erkannt. Dagegen wirken konnte ich dennoch nicht.  
Sie ist nur eines von vielen Übeln, diese Sucht. Oder ein Resultet viel zu vieler Anforderungen, viel zu vieler Entgleisungen im Außen, die ich nicht beeinflussen kann, sondern tragen und obendrein managen muss. Aber sie zehrt selbstredend. Ich gewinne - anscheinend zumindest - Kraft durch Kontrolle, Kraft durch Erfolg im Gewichtsverlust. De facto aber verliere ich an körperlicher Substanz. Das Leben ist anstrengend, alles was mich umgibt fordert. Sehr. Oft permanent. Ich setze durch die Sucht noch einen oben drauf.
Da sind Massen an ambivalenten Gefühlen. Gefühle, die die Sucht mir eintrichtert, Gefühle, die die objektive Betrachtungseise mit sich bringt. Und viele Gefühle, die die Reaktionen von außen in mir auslösen.
Allem voran: das Ding mit dem Essen oder Nicht Essen ist meins. Mir wäre es lieb, wenn das einfach keiner sieht oder mitbekommt. Weder was und wieviel ich esse, noch wie mein Körper sich verändert. Auch wenn ich (noch ein bisschen) fern bin vom Untergewicht: knapp 30 Kilo Gewichtsverlust seit letzten Sommer lassen sich nicht verbergen. Nicht die veränderten Körperformen, nicht das spitze Gesicht, nicht die eingefallenen Wangen.  Auch wenn ich alles gern verbergen würde. Ich möchte gar nicht, dass jemand auf die Idee kommt, Rückschlüsse zu ziehen.
 Andererseits aber bin ich schockiert.
"Gut siehst du aus". Wer sagt das - und wann? Ich kann mich kaum erinnern, häufig Kommentare zu meinem Aussehen bekommen zu haben wenn ich mit 80 Kilo ein Kleid trug. Ein schönes Kleid.  Ich bekomme so oft Kommentare momentan, wie gut und toll ich aussähe. Welche Größe ich jetzt wohl trüge. Und und und.
Warum? Diese Gesellschaft scheint sich nur zu definieren über Super Maße, oftmals sogar wohl die Frau in dieser Gesellschaft scheint all zu oft darüber definiert zu sein. Ist denn die Frau über der "Norm" nicht schön? Bin ich denn wertvoller, wenn ich Kleidung in 36 oder 38 tragen kann, als wenn ich zur 44 greifen muß? Es ist so grenzüberschreitend, eben dies gefragt zu werden. Was geht denn beispielsweise die Schwägerin der Besten meine Kleidergröße an? Natürlich kann und muss ich da meine Grenzen stecken. Es schockiert mich aber so unglaublich, wie sehr Anerkennung verbunden zu sein scheint mit dem Körper; zudem, wie sehr ein Körper schlanken Erscheinungsbildes suggeriert, dass eben alles gut ist.
Nichts ist gut und eigentlich liegt mir ja auch fen, das in aller Öffentlichkeit zu diskutieren.Ich weiß doch, dass die Menschen, die mir ferner sind und die so etwas sagen, ein Kompliment intendieren. Natürlich fühlt es sich gut an, gespiegelt zu bekommen, "gut" aus zu sehen. Ich kann das durchaus heute auch so hinnehmen und glauben, was ich füher niemals tat. Deckungsgleich mit meiner eigenen Empfindung ist das trotzdem nicht. Ich bin mir  zu viel. Deutlich zu viel. Darum gehts es mir gerade aber nicht, sondern darum, dass ich so fassunglos bin, wie sehr Klischees verankert sind, wie sehr das Außen Ton angebend ist für das  Innen eines Menschen.  Wie viel wertvoller "Schlank sein" zu sein scheint, als es eben nicht zu sein.
Mein Innen, meine Geschichte binde ich nicht jedem auf die Nase, keineswegs. Trotz gewonnener Offenheit in all den Jahren mit Erkrankung bin ich weiterhin gern im Team "Klappe halten". Ich kann allerdings ehrliche Nachfragen ab,  verstecke meine Geschichte ansich nicht. Jeder darf immer fragen, und beonders Menschen, die mir nahe stehene, bekommen ehrliche Antworten und ich scheue auch nicht das Gespräch. Aber ich falle auch nirgends mit der Tür ins Haus.
Es ist komplex, es wundert mich einfach sehr, wie es eben so ist. Sicherlich triggert das auch etwas in mir an, wenn eben vielleicht zufällig gehäuft ernst gemeinte Komplimente kommen, die ohne Hintergedanken sind. Aber weiter darüber nachgedacht, bestürzt mich eben das Bild, was in der Gesellschaft vorzuherrschen scheint. Möglicherweise bin ich empfindlich momentan, weil das Leben gerade in seiner Gänze ier kein Einfaches ist und eine bestehende Auswegslosigkeit uns alle ein klein wenig oder ein klein wenig mehr lähmt.
Vielleicht versuche ich einfach das "du siehst gut aus" in mich hinein zu nehmen und es für gut zu nehmen, als die Abwesenheit der Kommentare bei 25 Kilos plus. Manchmal ist es wohl besser, sich das tollste Stück Kuchen abzuschneiden und den Anderen die matschigen Reste zu überlassen. Ich verscuh das mal - sonst wird der Start in die neue Woche wohl eher bescheiden...

Freitag, 5. Oktober 2018

WMDEDGT Oktober 2018

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit. 

Nach ein paar Tagen ohne Arbeit verlasse ich heute das Haus wieder um kurz nach sieben. Glücklicherweise hatte ich mir vorgenommen, heute nicht an der um 07.15 Uhr beginnenden Morgenmeditation, die ein Kollege seit einigen Wochen an meinem Arbeitsplatz anbietet, teilzunehmen - denn um 06.45 erreicht mich die Nachricht, dass diese heute ausfiele. Ansonsten wäre ich wohl schon unterwegs gewesen. 
Ich komme dennoch recht früh im Büro an und stelle fest, dass es noch ganz schön dunkel ist im Gegensatz zur letzten Septemberwoche. Mir scheint, die Zeit ist gekommen, den farbwechselnden Plastiktannenbaum - der gar nicht wirklich nach Weihnachten aussieht und der vom Gruselwichteln vor einigen Jahren stammt - einzuschalten. Um kurz vor acht kommt die liebe Kollegin rein und freut sich gleich über den leuchtenden Kitschbaum.
Wir tauschen ein paar Neuigkeiten aus; anschließend verräume ich die Arbeitswäsche von insgesamt 6 Kolleginnen und bereite mich weiter auf meine Patienten vor.
Um halb neun koche ich mir einen Kaffee und gehe auf die Station, drucke Stationslisten und Tagespläne. Um viertel vor neun beginnt die Frühbesprechung mit Pflege, Arzt und den therapeutischen Kollegen. Hier schüttele ich innerlich wieder einmal den Kopf über respektlose Äußerungen, lasse es aber für heute gut sein, dies auch anzumerken. Ich bin es zu müde. Ab neun Uhr versorge ich 7 Patienten planmäßig und eine noch dazu, deren Mittagessen ich begleite. Ein wenig resigniert erkläre ich auf Nachfrage einer Kollegin aus der Pflege, warum ich bezüglich der Nahrungsaufnahme bei dieser Patientin so entscheide, wie ich eben entscheide. Es ist völlig okay, wenn Kollegen nachfragen, ermüdend aber ist, dass so unglaublich viele Mitarbeiter keinerlei Ahnung von Schluckstörungen und dem Umgang damit haben und zudem nicht richtig eingearbeitet werden, sodass sie die Abläufe nicht kennen und auch die Stellen nicht finden, an denen sie nachlesen müssen.  Fakt ist, dass wir Sprachtherapeuten eine Diagnostik machen und entscheiden, welche Kostform ein Patient zu sich nehmen darf, oder ob derjenige künstlich ernährt werden muss. Und es ist zehrend, wenn Kollegen auch nach Jahren Berufserfahrung in dem Bereich noch die entsprechende Kostform und angedickte Getränke mit Mißfallen kommentieren und es den Betroffenen noch schwerer machen, Uns Therapeuten hinterherrennen, dass Patient xyz aber lieber Brötchen möchte statt Breikost (das weiß ich. Das ist uns allen völlig bewußt. Die Kolleginnen aber scheinen zu glauben, dass unsere Entscheidungen nur dazu dienene, die Patienten zu ärgern)....
Es bleibt mir trotzdem noch Zeit für einen schnellen Kaffee mit 2 Kolleginnen in der Pause. Freitags ist es derzeit ruhig im Teamraum, was mir sehr entgegen kommt. Am Nachmittag habe ich noch drei Patienten in der Therapie, bevor ich dokumentiere und ein wenig aufräume. Kurz vor meinem Arbeitsende findet in meinem Büro - weil es das größte ist - eine Gruppe statt, die meine liebe Kollegin leitet. Heute ist diese Zeit angefüllt mit großer Situationskomik, und es fällt mir wirklich schwer, nicht lachend vom Stuhl zu kippen - ich dokumentiere zeitgleich weiter an meinem Rechner und bekomme so die erste Viertelstunde der Gruppe mit.
Völlig ungewöhnlich für einen durchschnittlichen Arbeitstag bin ich pünktlich zum Ende meiner Arbeitszeit umgezogen, mit allem fertig und gehe tatsächlich zeitig heim.
Es ist wunderschönes, sonniges Wetter, leider in der Sonne schon wieder viel zu warm für die morgendlich angezogene Kleidung. Egal. Auf dem Weg halte ich bei einer Drogerie und kaufe Adventskalender für die beiden Kinder - in diesem Jahr ist weniger Aufwand mehr und ich werde keine Säckchen befüllen. Zum ersten Mal seit vielen,vielen Jahren. Ein bißchen mit Wehmut, ein bißchen mit Erleichterung, dass nun schon alles besorgt ist und ein bißchen mit Freude über den Ressourcengewinn für mich.
Daheim treffe ich kurz HerrnNebeL, der auf dem Weg aufs Rad und in den Wald ist. Ich koche Kaffee und tippe ein wenig. Das große Kind ist mit der Freundin und Beinahe-Nachbarin zum Modern Dance Training gefahren. Ich fahre mit dem kleinen Mädchen irgendwann später los, hole erst das große Kind ab und anschließend eine Freundin vom kleineren Mädchen. Alle drei bringe ich um 18.15 Uhr zum Cheerleading - Training.

Von dort aus fahre ich an den Stadtrand, in den Friedwald, in dem mein Vater vor zwei Wochen bestattet wurde. Es ist eben so schönes Wetter wie an diesem Tag. Von der Lichtung mit dem Kreuz gehe ich ein Stück hinein in den Wald, zu "seinem" Baum, setze mich dort hin, lehne mich an seinen Stamm, sehe der Abendsonne beim  noch leisen Druchdringen des Waldes zu,  lausche dem Wind und höre und sehe hier und da die Bucheckern fallen.





Innehalten. Nicht begreifen. Durchatmen, um nicht von der Erschöpfung, die die Ereignisse der letzten Monate, Jahre, mit sich brachten, hinterrücks überrannt zu werden. Ich kann nicht lange bleiben, sodass es leichter fällt, im Jetzt und Hier zu verweilen.

Ich fahre heim, gehe noch kurz in die Wohnung, um mich dann zu Fuß auf den Weg zu machen ins Road Stop, etwa 1,5 km von zu Hause entfernt. Dort treffe ich einen Teil meiner alten Hockeykolleginnen, darunter 2 meiner engsten Freundinnen zum allmonatlichen Stammtisch. Vermutlich werde ich dort das ein oder andere Bierchen oder einen kleinen Cocktail trinken, ganz sicher auch einen Kaffee. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit komme ich vor Mitternacht heim, da ich morgen arbeiten muss. Vielleicht kämpfe ich die dortige Arena noch gelb und lasse ein starkes Pokemon da. Und wer ein GEschgenk von WildWildWest bekommt, das habe ich genau dort aufgesammelt :-).

Weitere Tagebuchbloggerei findet sich wie immer hier, bei FrauBrüllen.

Montag, 6. August 2018

WMDEDGT August 2018

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit.

Ich wachte auf und war zunächst ein wenig verwirrt – es war bereits hell und ich liege im Urlaubsbett des kleineren großen Kindes. Gestern abend gegen 22 oder 23 Uhr habe ich mich zu ihr gelegt. Und bin dann offensichtlich fest eingeschlafen, denn ich wachte gefühlt in derselben Position auf, in der ich mich abgelegt hatte. Ich stand auf und bemerkte, dass es 5.45 Uhr war. Ich suchte kurz nach dem Lichtschalter in der Küche – HerrNebeL hatte das Licht angelassen, denn hier auf der Insel ist es ein paar Stunden stockfinster. Ein Licht in der Nacht im Haus hat sich bewährt bei wandernden Menschen in der Nacht. Um sechs legte ich mich noch eine Weile hin, schlief aber kaum mehr. Das kleine große Mädchen kam ein halbes Stündchen später zu mir ins Bett, die Sonne kitzelte an der Nase und mein Rücken begann, weh zu tun – das Bett ist doch deutlich weicher als daheim. Gegen acht standen das Mädchen und ich auf. Ich kochte Kaffee und setze mich auf die Terrasse. Gegen halb zehn kam das andere Kind. Irgendwann frühstückten wir das absolute Ferienfrühstück: dänischen Joghurt mit Cornflakes. In diesen ersten Stunden versuchte ich, irgendwie den Gedankenströmen Herr zu werden, die mich derzeit insgesamt von hinten überrennen. Da ist so unglaublich vieles in mir, dem ich bisher versucht habe wenig Raum zu geben, weil deren Durchdenken wenig ändern würde. Die hier herrschende Ruhe und fehlende Struktur öffnet Räume. Ich beschloss, mich erst mal treiben zu lassen, anstatt wieder in Aktivität zu fliehen. Irgendwann muss Ruhe rein, irgendwie muss ich sie wieder in mich lassen. HerrNebeL bemerkte schon mehrfach, dass er angesichts meines steten Aktionismusses und der grade fehlenden Fähigkeit, Ruhe zu „ertragen“, inzwischen Sorge hat, dass ich einfach zusammenklappe. Urlaubschallenge angenommen: Anfreunden mit Ruhe. Wenn nicht hier, wo dann?
HerrNebeL kam erst gegen den frühen Mittag aus dem Bett. Die Nacht vom 3. auf den 4. sind wir beide - ausser klitzekleinen Nickerchen auf dem Beifahrersitz – durchgefahren in den Norden, weil wir uns nicht vorstellen konnten, bei den Temperaturen 10-12 Stunden auf der Autobahn zu stehen. Dementsprechend waren wir recht kaputt.
Es dauerte ein Weichen, bis wir einig waren, wie der Tag ablaufen sollte. Letzlich einigten wir uns, zuerst an unseren absoluten Lieblingsort auf der Insel zu radeln – die Hafenmole an der Ostseite und den Schiffen beim Ein- und Auslaufen zuzusehen. All das mit einer Fischfrikadelle vom hiesigen Fischmann. Es liefen allerdings keine Boote aus und nur ein einziger Segler lief ein – und der hatte dank arger Windstärke ziemliche Probleme und wurde mächtig durchgeschüttelt. Trotz Sonne war der Wind ordentich kalt und nach einem halben Stündchen mussten wir den Standort wechseln: auf zum Spielplatz am Yachthafen. Der Unmut beim kleineren Kind war sehr groß, als das altbekannte Trampolin von weitem bereits nicht zu sehen war. Nach genauerem Hinschauen zeigte sich jedoch, dass es zwei neue gab, die in den Boden eingelassen waren. Die Mädels waren also beschäftigt, der Gatte streunte im Hafen und auf der Mole herum und ich streunte herum auf der Suche nach Pokestops. Gegegn halb sechs kauften wir schnell noch ein fürs Abendessen: Seelachs in Basilikumsahne mit Cousous und Blumenkohl. Der Rückweg wurde, dank wirklich aufgefrischtem Westwind seit der Hinfahrt ziemlich anstrengend. Aber weder das kleinere Kind, das mit HerrnNebeL vorgefahren war, noch das große schimpften, sondern kämpften sich tapfer zurück. Leider scheint das große Kind dermaßen gewachsen zu sein, dass der Fahrradrahmen etwas zu klein geworden zu sein scheint. Ich hoffe, dass wir da erst mal noch etwas gewinnen können mit einem längeren Lenkervorbau.  Ich glaube warlich, das Essen auf ihrer Girechenland Reise enthiel Wachstumshormaone oder so... We´ll see.
Daheim angekommen, fiel mir auf, dass ich meinen Kindle und meine Brille im Etui beim Købmand liegenlassen hatte, weil ich sie oben auf die Einkäufe legen wollte. Stattdessen lagen sie da noch an der Kasse herum... Also fuhr ich nochmals zurück, dank Wind und fortgeschrittener Stunde, mit dem Auto. Als ich alles eingesammelt hatte, wurden schnell noch zwei Arenen gelb gekämpft und dann ging es ab ins Ferienhaus zurück. Dort bemerkten wir dann, dass unser Asupuff scheinbar nicht nur ein Loch hat, wie wir seit der Hälfte des Weges hier hoch vermuteten, sondern, dass das Auspuffrohr vor dem Endtopf quasi abgerostet ist. Da wir aber eh den Besuch bei der Werkstatt für Montag geplant hatten, war das erst mal halb so schlimm.
Ich kochte das Abendessen – und stellte fest, dass der Fisch doch wohl zu viel für uns vier sein würde. So riefen wir spontan die Familienmitglieder an, die ein Kilometerchen entfernt wohnen, ob jemand mitessen möchte. Die liebe Schwägerin kam spontan vorbei geradelt und unterstütze uns tatkräftig. Zudem war es bei einem Gläschen Wein dazu nett und entspannt. Nach dem Essen radelten wir den Kilometer zum Strand, um den Sonnenuntergang zu schauen – allerdings verschwand die Sonne deutlich früher hinter einer Wolkenbank.
Zurück im Ferienhaus gabs einen Gin Absacker bei zwei Runden Rummicub. Gegen 23 Uhr waren zumindest wir Großen schon wieder völlig durch und erschöpft – zu wenig Schlaf zuvor und zuviel frische Luft... Noch vor der Tageswende lagen dann alle im Bett, dieses Mal aber jeder in seinem ;-)

Mehr Tagebuchbloggerei findet ihr hier.


Montag, 2. Juli 2018

Im Juli...

  • wird das kleine Kindelein seine neue Klasse auf der hohen Schule kennenlernen
  •  feiern wir den 9. Geburtstag eben diesen Kindes
  •  verkaufen wir das letzte Kinderfahrrad im Hause, weil K2 nun auch ein 27,5 Zoll Mountainbike bekommt (auch K2 ist eher groß...)
  • veranstaltet die 8. Klasse vom großen Kind ein zwangloses Jahresabschlusstreffen auf dem Schulhof - Tradition seit der 5. Klasse
  • fahre ich zumindest zeitweilig auf ein Hockey-Spass-Turnier für inaktive Damen ab 30 (30!, ha!)
  •  feiern wir den Abschied von der jetzigen, altersgemischten Klasse des kleinen Kindes
  • bekommt HerrNebeL hoffentlich jobtechnisch positive Nachrichten
  •  wenn ja, werden wir Entscheidungen treffen müssen
  • wird die beste Freundin der kleineren Tochter nach Bayern ziehen
  •  nehmen die Kinder - vermutlich zum letzten Mal - an einer großen Tanzvorstellung der Tanz und Ballettschule teil (der neue Sport ist dann Cheerleading...) 
  • bekommen die Kinder Zeugnisse und dann 6 1/2 Wochen Ferien
  • jährt sich der Todestages des Vaters zum ersten Mal
  • wird das große Kind zum ersten mal in ihrem Leben fliegen. Und das ohne uns... (sie reist mit der Familie ihrer Freundin nach Kos) 
  • steht wahrscheinlich ein Notarbesuch an
  • werden wir das große Kind hoffentlich wohlbehalten, vollgetankt mit Sonne und tollen Erlebnissen wieder in Empfang nehmen
  • startet für uns Große ein ruhigerer Alltag - entspannteres Aufstehen, keine festen Termine, zu denen wir die Kinder bringen müssen
  • beginnen wir langsam mit den Vorbereitungen für den Jahresurlaub auf der Lieblingsinsel

.... scheint´s insgesamt recht entspannt zu werden, denn die Termine liegen alle bereits in der ersten Monatswoche. Das klingt ziemlich gut, da können wir uns schon mal auf den dringend nötigen Urlaub eingrooven. Auch wenn ich ein klein wenig in Sorge bin, da meine Schwester zeitgleich im Urlaub und die Mutter somit allein sein wird. Ich fürchte, das haben wir  ziemlich blöd (oder eben gar nicht) geplant - ist nun aber auch nicht mehr zu ändern.

Dienstag, 5. Juni 2018

WMDEDGT - Juni 2018

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Enstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit.

Das Aufstehen am Morgen ist mehr oder weniger alltäglich. Das kleine Kind liegt bei uns und hört weder Wecker, noch reagiert es auf drölfzig Weckversuche. HerrNebel steht auf, ebenso das große Kind und sie geben sich die Badezimmerklinke in die Hand. Weil das kleinere Kind tendenziell viel Zeit benötigt im Gegensatz zu mir, wecke ich weiter und weiter und weiter, um ihr den Vortritt im Bad zu lassen. Irgendwann ist es geschafft. Das große Kind verlässt derweil das Haus. Hier spielen sich kleinere Dramen ab, weil das kleinere Kind in großer Sorge ist, dass sie ab Sommer ihrem Gefühl nach tagtäglich den Bus zur hohen Schule verpassen wird (wird sie nicht, aber mir wird am Morgen wenig Glauben geschenkt...). Um viertel nach sieben verlassen auch wir verbliebenen Drei das Haus, HerrNebeL fährt zur Arbeit, ich das Kind zur Schule, die einige Kilometer entfernt ist. Von dort fahre ich weiter zur Klinik, in der ich arbeite und bin noch deutlich vor acht Uhr dort. Mein Kollege schneidet gerade vor meinem Fenster die Büsche (er ist der Gärtner...), und wir unterhalten uns über das momentan herrschende Durcheinander, in dem keiner das Gefühl hat, dass mit offenen Karten gespielt wird. Von oben gibt es nur einen Haufen subtile Statements, Gespräche und Handlungen, deren Sinn sich leider oft nicht erschließt. Inzwischen ist fast nur noch Thema, in wie weit der Einzelne sich instrumentalisieren lässt und wie damit umzugehen ist, um sich nicht aufzureiben. Schon recht frustirerend, wenn ich genauer drüber nachdenke. Anschließend checke ich meinenTagesplan, lese Befunde und Therapieverläufe und plane meinen Tag. Dann düse ich noch schnell in die Wäschevergabe und bestelle mir endlich neue Arbeitskleidung, weil die alten viel zu groß geworden sind. So werde ich in einigen Wochen wieder persönliche Shirts und Hosen haben, die im Rregalfach 613 herumliegen werden. Momentan muss ich mir immer Hosen und Shirts aus der "PoolWäsche" für Praktikanten herausfischen. Dummerweise sind die Hosen beispielsweise gern auch mal zu kurz - ich muss halt nehmen, was da ist, wenn ich etwas Neues brauche. Und Hosen mit langen Beinen scheinen immer sehr schnell in meiner Größe vergriffen.
Mit Kaffee sitze ich um viertel vor neun im Stationszimmer, es gibt eine Übergabe. Zwischen neun und zwölf Uhr dreißig behandele ich Patienten, nach der Pause ebenso bis gegen drei Uhr. Dann habe ich noch eine Weile Zeit zum dokumentieren.
Ich fahre zur Schule des kleineren Kindeleins und hole sie ab; das große Kind ist dienstags bereits vor uns zuhause, weil sie nur bis 15 Uhr Schule hat; normalerweise hat sie - außer freitags - bis knapp 16 Uhr Unterricht. 
Ich schmeiße die Kaffeemaschine an und fülle mir meinen Kaffeebecher für unterwegs, weil kaum später die älteste Hockeyfreundin vorbei kommt, um mich abzuholen. Das große Kind schließt sich an, das kleinere bleibt daheim. Sie hat um 17.30 Uhr in der Musikschule gegenüber Gitarrenunterricht, zu dem sie selbständig hingeht. Wir anderen fahren gemeinsam mit dem Sohn der ältesten Sportfreundin zum hiesigen Sport discounter. Im Juli steht ein "Seniorinnen" Turnier in der Nachbarstadt an, zu dem wir gemeldet sind. Bedingung: die Spieler müssen über 30 sein (dass dies bei  mir und der Freundin schon lange, sehr sehr lange der Fall ist, und die 3 auch schon recht lange vorüber ist, fürchte ich, wir müssten uns bald gar nach einem "Oldie" Turnier umsehen....). Für dieses testeten wir verschiedene Shirts, die als Trikots beflockt werden sollen. Das große Kind brauchte noch dies und das und wir verbrachten am Ende doch mehr Zeit dort als eigentlich geplant.
Dann  bin ich nur zehn Minuten daheim, um mich zum Sport umzuziehen und die Tasche zu packen. Ein Päckchen kam an, was ich schnell noch auspacke - ein "neues" Parfum. Ich mag Parfum an mir selten, und so nutze ich meines seit mindestens 15 Jahren. Bals ist es leer, sodass ich mir einfach dasselbe erneut kaufen wollte. Dies gestaltete sich schwierig, da es gar nicht mehr hergestellt wird. In den Tiefen des www war es natürlich trotzdem noch irgendwo zu bekommen. Nachdem ich die Flasche ausgepackt habe, beschließe ich, doch besser direkt auf das neue umzusteigen... Ich denke, es ist außerdem besser, es im Karton auzubewahren.... 

                                     Der Zahn der Zeit hat hier wohl arg dran genagt...


Nach dem Asupacken hole diesmal  ich die Sportfreundin ab und wir fahren zum CardioBoxen Kurs ins Fitness Studio. 45 Minuten Boxbewegungen im Takt zu Musik abwechselnd mit Ausdauerherumgehampel macht viel Spaß, auch wenns zwischenzeitlich ganz schön anstrengt. Wir treffen dort meine Schwester. WIr beide tauschen diverse zu erledigende Dinge im Eiltempo aus - darin sind wir zwischenzeitlich sehr geübt. Kurz Neuigkeiten und to-dos besprechen und verteilen. Die heutige Ausgabe drehte sich um Steuern, Notar, Termine, Geschenke, Bankgeschäfte und Finanzen. Ausnahmsweise waren die nervenden Erbstreitigkeiten (die leiblichen Kinder meines Vaters, die seit Jahren quasi kontaktlos waren, gegen meine Mutter. Mit wundersamen Fragen und Vorwürfen. Vor allem eben unglaublich nervtötend) dieses Mal kein Thema. Nach einer kurzen Pause besuchen wir noch den folgenden Kurs - Bauch, Rücken und Stabilisationsübungen.
Nach dem Sport bringe ich die Freundin heim. Wir quatschen noch ein wenig vor der Tür, bevor ich selber nach Hause fahre. Nach ihrem Tipp, was unsere derzeitige Fernsehstörung verursacht haben könnte, steige ich, wie neulich schon, aufs Dach und schraube die Anschlüsse der Satellitenschüssel ab. Leider sehen diese ganz hervorragend intakt aus, dennoch mache ich sie neu, entisoliere die Kabel und schraube sie erneut fest. Der erhoffte Effekt bleibt aus und das Fernsehen still. Uns stört das nicht so sehr, die Mutter unter uns leider schon. Schuld war möglicherweise der Sturm und Starkregen letzte Woche, der unsere Stadt ziemlich arg gebeutelt hat.
Früher ließ mein Vater sich das Herumsteigen auf dem Dach nicht nehmen; er selber hat die Anlage auch installiert - und besprüht. 

Der Gatte ist noch weniger schwindelfrei und höhenängstlicher als ich - also mach es es halt. Zuletzt siehts nun aber so aus, als wäre das Einbestellen eines Fachmannes die klügere und zielführendere Lösung. Der Nachbar wird auf mich aufmerksam, als er mit dem Blick seinem aus dem Dachfenster in meine Richtung kläffenden Hund folgt. Ich bin nicht sicher, was ich davon halte, als er sich kaputt lacht und nicht mal grüßt....Dabei er ist genau so alt wie ich. Zudem leben wir seit Kindertagen nebeneinander und haben durchaus ne Menge Scheißelkram gemacht. Außerdem ist er derjenige, der einfach ein Kabel von der Satelliten Schüssel wild übers Dach und den Balkon laufen hat, während wir unseres in Gemeinschaftsarbeit vor vielen Jahren fein durchs Dach und hinter den Wänden verlegt haben. Also hat er mal gar nicht zu lachen, find ich so.


                       Der Blick jedenfalls ist auch mit blödem Kalbel ziemlich nett.
 
Ich beschließe, dass es mir schwer egal ist und steige irgendwann wieder durch mein Dachfenster über den Nähtisch nach unten.
Das große Kindelein kommt nochmal aus dem Zimmer und bittet mich, ihre neue Sporthose doch vielleicht bis morgen früh zu waschen - was mir um 22 Uhr aber ein klein wenig zu spät ist. Ich denke, dass es wohl auch eine andere Hose tun wird.
Bevor ich noch ein Weilchen lese, werde ich nun duschen, oder gleich in der Wanne lesen und versuchen, vor 0.00 Uhr im Bett zu liegen - wie jeden Abend. Und wie jeden Abend wird es wohl bei dem - erfolglosen - Versuch bleiben....

Weitere Tagebuchbloggerei findet sich hier.

Sonntag, 13. Mai 2018

Aufregend

Eine aufregende Woche liegt hinter mir.
Letzten Sonntag feierte das kleine Kindelein seine erste heilige Kommunion. Es war eine wunderbare und recht lockere Messfeier. Das Kind sang allein einen Teil am Altar vor (Gänsehaut pur! inklusive Tränchen), und wieder trugen alle Mädchen trotz der Tatsache, dass  die Kinder in der Gemeinde seit Jahren Alben nutzen, ein weißes polyesterlastiges Kommunionkleid. Weil das große Kindelein sich damals als einziges Mädchen mit fröhlich buntem Kleid aus der Albe pellte und darüber sehr, sehr traurig war, trug dieses Mal auch unser Kind ein wahres Kommunionkleid. Immerhin war der Bolero dazu von mir selbstgenäht....



Die Feier daheim war entspannt, das Wetter toll und alle verteilten sich in Wohnzimmer und Garten. 

Anschließend mußten das kleine Kindelein und ich unsere Taschen fertig packen, da wir am Montag auf Klassenfahrt fuhren. Ich begleitete die Klasse und Klassenlehrerin als Betreuungsperson. Es ging nicht weit, nur 30 Minuten entfernt in ein kleines Städtchen. Der Doppeldecker Bus fuhr am Montag Morgen mit über 70 Kindern - 3 Klassen, 5 Lehrern und mir - los und holte uns am Mittwoch Morgen wieder dort ab. Dazwischen lagen eine Menge Spaß mit allesamt tollen Kindern unserer Klasse (die Klassen waren räumlich und unternehmungsmäßig getrennt), sehr niedlichen Situationen, vielen - natürlich auch durchaus nervigen, aber vor allem eben vielen - Fragen, nur kleinen, behebbaren Ausfallerscheinungen und wenig Schlaf. Am Mittwoch Morgen bekam ich anlässlich meines Geburtstages ein Ständchen von 26 Kindern beim Frühstück, inklusive eines Geburtstagsmuffins mit Geburtstagskerze und Lieblingsschokolade. Das hatte schon was ziemlich Besonderes.

Daheim angekommen ging wohl fast alles schief, was schief gehen konnte. Der Wunsch nach entspannter, gemeinsam verbrachter Zeit mit dem kleinen Kindelein und  HerrnNebeL - und später auch dem großen Kindelein (sie besucht eine Ganztagsschule und hatte Unterricht bis 16.00 Uhr) - wurde vereitelt davon, dass die Mutter den Fensterputzer bestellt, sich das Datum aber leider falsch notiert hatte, sodass in Windeseile das ganze Haus Fensterputztauglich herzurichten war. Letzlich platzte das mitten ins gemütlich gedachte Geburtstagsfrühstück mit Geschenke auspacken. Zudem brauchte die Mutter dann  bei diversen Dingen unauffschiebbar und zeitwaufwändig Hilfe. Weiterhin erreichte uns  zwar erwartete, aber unpassend kommende Anwaltspost bezüglich des seit letzten Sommers schwelenden Erbstreites. Darin standen dann wirklich wundersame Vorwürfe, über die ich mit Abstand nur lachen kann - letzte Woche jedoch sah das noch anders aus. Der Rest - Tag war demnach komplett verkorkst und ich war 2 Stunden nach der Ankunft daheim genervter als nach 2 1/2 Tagen Klassenfahrt mit 26 Kindern von 6-10 Jahren. Glücklicherweise rettete mich die längste Hockeyfreundin, indem sie uns spontan zum Grillen einlud, und wir so ein bisschen runterkommen und dann doch noch einen wirklich netten Abend verbringen konnten. Freunde - so unbezahlbar.

Nach einer kurzen Stippvisite am Freitag bei der Arbeitsstelle machten das große Kindelein und ich uns auf zur Gartyparty nach Nierstein. So weit weg ist das gar nicht vor hier, aber dennoch fuhren wir bereits am frühen Nachmittag los, um ein wenig stressiges Wochenende verleben zu können.
Angekommen im Hotel gings erst mal in das kleine Hotelschwimmbad und für mich kurz in die Sauna. Dort trafen wir auch "alte Bekannte", aus dem www. Schon seit Jahren lasen und lesen wir uns auf verschiedenen Kanälen. Wir verabredeten uns, nach dem Duschen gemeinsam zu Frau Mutti zu laufen, um das Wochenende dort "einklingen" zu lassen mit bereits zuvor angereisten Gästen und Freunden und Nachbarn. Neben Pizza, nettem Beisammensein auf der tollen Terasse und zwanglosem Kennenlernen gab es eine Führung über die "Ländereien" und ich muss sagen, ich bin wirklich sehr beeindruckt von Haus und Garten. Groß, verwinkelt, mit so vielen netten Eckchen und so viel Liebe zum Detail. Das Kindelein bekam von Frau Brüllen und Frau Mutti Nagellacke geschenkt, die diese übrig hatten und war sehr, sehr glücklich damit. Die eigentlich für die Nacht geplante Nagellacksession verschoben wir dann auf den Morgen, weil ich schlicht und ergreifend schnell nach der Ankunft Hotel eingeschlafen bin.

Morgens also wurde lackiert - das Kind in GlitzerGlamour und ich nahm fröhliches grau (weder maus-, noch staub, noch aschgrau, sondern chinchilly, son neumodischer Essie-Grauton), dann gings erneut zum Schwimmen und zum Frühstück, bevor wir zur eigentlichen Gartyparty aufbrachen.


Wir verbrachten bei wunderbarem Wetter den gesamten Tag dort und kehrten erst kurz vor Ende des Tages ins Hotel zurück. Es war ein entspannter und schöner  Tag voller Begegnungen. Begegnungen mit Menschen, denen ich schon im Netz lange folgte, Menschen, die immer mal wieder den Weg kreuzten, Menschen, die ich gar nicht kannte, Menschen, denen ich bereits im real life begegnet war. Lustigerweise stellte sich heraus, dass eine der vielen Menschen dort als Kind viel Zeit in meiner Heimattadt verbracht hatte. Die Welt ist so klein! Überall entwickelten sich nette Gespräche, hier länger und da kürzer. Es wurde zwanglos gegrillt, für Getränke und deren Ausschank  war ausreichend und liebevoll gesorgt. Es gab ein tolles Buffet mit,  wie mir gesagt wurde, legendärem leckeren Glasnudelsalat. Lecker war überhaupt absolut alles was ich kostete, üppig war es vor allem. Eine riesige Käseplatte aus der Schweiz hat ebenso beeindruckt, wenn ich mir auch tatsächlich den Geruch im Vorfeld als deutlich ärger vorgestellt hatte und mir fast sicher war, dass die Sorten, die arg riechen würden noch nicht aufgetischt seien. Vermutlich verflog der Geruch in der offenen Küche bei geöffneter Terassentüre, denn als ich zu fortgeschrittener Stunde an einzelnen  Exemplaren roch, war da doch eindeutig mehrfach recht strenger Geruch zu finden. Was ich probiert habe, schmeckte auch mit Geruch ganz schön gut. 
Es war schön, sich unter so vielen eigentlich fremden Menschen zu sein und sich einfach wohl zu fühlen. Ich hätte gerne noch Gelegenheit gehabt, mehr und länger zu reden, aber bei so vielen Leuten und so vielen Eindrücken reicht zumindest für mich die Kapazität gar nicht aus, alles in mich aufzunehmen. Rein zeitlich ist der Raum natürlich auch begrenzt, selbst wenn es  viele, viele Stunden waren. Das Kindelein wollte sogar am Ende am liebsten gar nicht mehr heim. Son ganz bisschen schuld daran war nebem dem Wohlfühlfaktor und den netten Menschen so ein kleines bisschen auch die wunderbar tolle Tupfenlola (naja, und die Schaukel, der Garten, das Gartenhüttchen und, und, und... ;-))





Am Morgen tranken wir zum Abschied am späten Vormittag noch einen Kaffee in der Grünen Villa, natürlich nicht, ohne dass das Kind zuvor  noch eine Schwimmrunde eingelegt hätte. Sowas muss ja ausgenutzt werden ;-).

Schön wars. Wirklich richtig schön.


Erwartungsgemäß war die Rückfahrt nach dem langen Wochenende etwas länger als die Hinfahrt, Regen gabs zudem, aber wir ließen uns nicht stressen und machten und irgendwann einfach ein Hörbuch an, das wir beide nicht kannten, und verbrachten die restliche Heimfahrt trotz Stau, Stauumfahrung und Schlechtwetter entspannt.

Viele Eindrücke der letzten Woche dürfen nun sacken und ich hoffe, es folgt nun eine Weile ereignisloser Alltag, damit genau dafür ein wenig Ruhe und Muße übrig bleiben.

Sonntag, 6. Mai 2018

WMDEDGT - Mai 2018

Frau Brüllen fragt seit langem an jedem 5. eines Monats: Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag? 

Ich wache um 06.40 Uhr vor dem Weckerklingeln auf,  drehe mich aber nochmal um. Um 07.20 stehe ich dann auf, ebenso das kleine Kind. Ich mache mir einen Kaffee und beginne in der Küche zu werkeln. Ich bereite Couscous Salat vor, ausserdem muss ich noch eine Suppe ansetzen. Morgen hat nämlich das kleine Kindelein seine erste heilige Kommunion, die wir hier bei uns, beziehungsweise bei der Mutter im Wohnzimmer und im Garten feiern. Ein Stündchen später wecke ich den Gatten, der sich parat macht und zum Metzger fährt. Ich schnippele und werkele weiter, schreibe To Do Listen für den heutigen Tag, brate irgendwann 2,5 kg Hackfleisch an, als der Gatte zurück kommt und mache den Rest der Suppe soweit fertig. Mittendrin koordiniere ich mit der längsten SportFreundin die Fahrt zum letzten Heimspiel der Saison des BVB. Um 10.30 Uhr sitze ich im Auto und sammele die Freundin und ihren Partner ein. Wir fahren gemeinsam nach Dortmund zu einem Mitglied des Fussballfanclubs, dem wir angehören. Er bereitet traditionell zum Saisonschluss Braten mit Brötchen und Krautsalat für alle Fan Club Mitglieder vor. Es ist tolles Wetter und wir sitzen und stehen in seinem Garten in der Sonne. Gegen 14 Uhr machen wir uns gestärkt auf den Weg in den Signal Iduna Park. Bevor wir ins Stadion gehen, treffen wir uns  davor noch am Bierstand auf ein Getränk.
Im Stadion angekommen, freue ich mich auch heute wieder über einen etwas anderen Platz, der mir  gut gefällt. 

Vor dem Spiel wird Roman Weidenfeller verabschiedet, der sein letztes Bundesliga Heimspiel bestreitet. Ich mag es, im Stadion zu sitzen. Vor noch nicht all zu langer Zeit schien mir das undenkbar - so viele Leute auf einem Haufen machen mir eigentlich eher ein wenig Angst. Nachdem ich mir vor rund 1 1/2 Jahren aber ein Herzchen fasste und es mit der Freundin ausprobierte, hab ich gemerkt, dass alles super organisiert ist, nirgends schlimmes Gedränge herrscht und ich die Atmosphäre insgesamt sehr mag. Natürlich rennen unter den 81.000 Menschen auch ein paar herum, die sich für meinen Geschmack ordentlich daneben benehmen, aber auch das war bisher im Rahmen, zumindest dort, wo ich es erlebt habe.
Leider ist das Spiel heute das erste Spiel im Stadion, wo ich wirklich enttäuscht bin. Aber auch solche Spiele gibt es, ich kenne das nur zu gut vom eigenen sportlichen Werdegang mit der Mannschaft. Im Stadion hats mir wie immer trotzdem gefallen. Nach dem Spiel treffen wir uns erneut am Bierstand mit den Fanclub Mitgliedern, schwatzen und lachen noch eine Weile und fahren dann mit der Bahn zurück zum etwas ausserhalb geparkten Auto.
Ich bringe einen Kollegen heim, der sich uns für die Rückfahrt angeschlossen hatte, suche für den Partner der Freundin eine Notdienst Apotheke, weil er noch etwas besorgen muss. Danach fahre die beiden heim.
Bei mir zu Hause angekommen war eigentlich der Plan, nur noch die Tische zu dekorieren und einzudecken Leider hatte der Rest der Familie nicht alles geschafft, sodass wir doch noch gemeinsam bis halb elf herumwuseln mussten, damit es morgen nach der Kirche nicht mehr viel zu tun gibt, als das Essen zurecht zu stellen. 


Erst dann bestellen wir noch eine Pizza, ich blogge und der Gatte bügelt. Das kleine Mädchen schläft derweil wartend in unserem Bett ein und möchte zunächst gar nicht mehr für ihre Pizza aufstehen. Das tut sie am Ende doch noch und wir essen auf Behelfsstühlen, weil alle anderen Stühle bei der Mutter im Wohnzimmer stehen. Das kleine Kind verschwindet um 0.00 Uhr in unserem Bett, das große Kind in ihrem. Ich werde nun noch baden gehen und mir anschliessend die Nägel aufhübschen. Und ich hoffe jetzt schon, dass ich die nächsten Tage mit halbwegs ausreichend Schlaf überstehen werde - bis morgen wird es wenig Schlaf geben und am Montag begleite ich die Klasse des kleineren Kindes als Betreuungsperson auf Klassenfahrt. Aber zunächst mal morgen:
Kommunion. Das Kind wird vorsingen und ich habe schonmal Taschentücher eingepackt.

Weitere Tagebucheinträge von heute wie immer bei Frau Brüllen.

Montag, 30. April 2018

Oberbekleidung

Heute vor einem Jahr habe ich den Tag in der Küche verbracht, um eine Grillage Torte vorzubereiten. Baiser, bestrichen mit Schokolade in mehreren Schichten und dazwischen eine Creme. Das Ganze kam über Nacht in die Eistruhe, da diese Torte halbgefroren serviert wird.
Es war die letzte Geburstagstorte für meinen Vater und ich habe es genau gewusst.
So viele Dinge, von denen ich wusste, es würden die letzten sein, jähren sich nun. Manchmal ist es so wundersam, wie mein, unser Leben "einfach" weiterlief und -läuft, wie nirgends die Zeit stehenblieb, als seine zu Ende ging.

Heute hatte ich ansich einen guten Arbeitstag, an dem eine nette Praktikantin mich begleitete und mir vieles selbstverständlich abnahm. Nette Begegnungen, eine entdeckte Spur einer ehemaligen lieben Kollegin. Nebenher offene Worte, von denen ich hoffe, dass sie in irgendeiner Form Anklang finden werden, um endlich die unleidliche Teamsituation zu verbessern. Und ich hatte die Aussicht auf einen ruhigen Start in den morgigen Tag, weil wir einfach alle ausschlafen können.

Vermiest wurde mir Tag allerdings dadurch, dass ich mich aufmachen musste, Damenoberbekleidungswäsche zu kaufen.
Den einzigen BH den ich je besessen habe, kaufte ich mit Anfang 20 zur Hochzeit eines engen Freundes, weil das Kleid schulterfrei war und da irgendwas drunter gehörte. Ich ließ mich im Fachhandel beraten und gab ein Vermögen aus. Das Ding liegt noch in meinem Schrank und wäre auch noch tragbar. Allerdings wog ich damals etwa 20 Kilo weniger - sodass er heute sogar dem Tochterkind nahezu zu eng ist, weil sie trotz Normalgewicht mehr wiegt als ich damals. Seitdem besteht meine Wäsche aus vorwiegend schwarzen Sportoberteilen, Bustiers oder Tops mit eingearbeiteten Bustiers. Fertig. Am Sonntag aber trage ich wieder ein hübsches Kleidchen, wenn auch ganz und gar nicht schulterfrei, aber mit Sporttop drunter ist das schon... nicht soo hübsch. Also blockte ich mir den Spätnachmittag zum Shoppen.
Eigentlich wusste ich es schon vorher - aber heute hat es sich eindrücklichst bestätigt: Ich finde BHs schrecklich. Unbequem. Viel zu viele viel zu nutzlos, weil ich mich - trotz angeblich guter Passform und richtiger Größe - so fühle, als würde einfach die Hälfte rausfallen, sodald ich mich bewege. Die Träger sind an vielen Teilen zu kurz, obwohl ich gar nicht wirklich groß bin.  Die meist ja ganz  hübsch anzusehende Spitze  kratzt und piekt oft, und ich fühlte mich Astrid Lindgrens Lotta sehr verbunden, die Löcher in den kratzigen Pullover schnitt. Kratziger Kram auf der Haut geht einfach gar nicht. Die große Wäsche Abteilung war zudem vorwiegend nach Farbe sortiert und ich durfte mich durch gefühlte 1000 Stück auf der Suche nach der passenden Größe durchwühlen, die in keiner Form größengeordnet waren, so dass ich schon vor Betreten der Umkleidekabine komplett genervt war. Natürlich hätte ich auch ein Fachgeschäft besuchen können statt des Kaufhauses und die Beratung und Hilfestellung wären vermutlich besser gewesen. Ich kannte in der Stadt aber keines. Ich habe in rund 2 Stunden etwa 58 Oberteile anprobiert und am Ende ist es doch ein "ich bin eigentlich ein Bustier, möchte aber gerne ein BH sein" geworden, der zumindest den gewünschten Zweck erfüllt und auch noch hübsch aussieht (schwarz halt. Aber mit n bisschen Schnickeldi ;-)). Ich mag Klamotten in Umkleiden anprobieren per se nicht sonderlich gerne und bin spätestens ab Kleidungsstück 3 hochgenervt, hab die Nase voll und beginne zudem mit Selbstgesprächen, aber das heute war wirklich eine höllische Tortur. Ich hab freundlicherweise auch jedes probierte Stück wieder fein säuberlich auf den Bügel gehängt und alle Häkchen und Ösen verschlossen, so wie sie es auch vor der Anprobe waren. Ich finde, das gehört so, auch wenn die  Zustände der Umkleiden und Stellen, an denen wegzusortierende Kleidungsstücke hängen oder liegen, eine andere Einstellung der meisten Mitmenschen vermuten lässt... Es wurden viele Selbstgespräche. Oder genauer gesagt viel Flucherei neben ungläubigen Selbstgesprächen. 
Zugegebenermaßen bin ich nicht in das Preissegment über 50 Euro vorgedrungen, aber ich habe diverse Marken und  diverse Modelle in ähnlicher Größe anprobiert und bin fast überzeugt davon, dass dieser, mein zweiter (Möchte-gern) BH vermutlich mein Letzter sein wird. Ausserdem mache ich drei Kreuze, dass meine körperliche Konstitution nicht zwingend einen BH erfordert, sondern ganz hervorragend mit dem anderen Kram leben kann. Und obenrum so richtig hübsch muss oder möchte ich auch nur im Kleidchen mit Anlass sein. Und bevor hier blöde Fragen aufkommen: ja, der Gatte kann auch ganz hervorragend mit dem anderen Kram leben. Also an mir meine ich. Nur so fürs Protokoll.

Immerhin gab es anschließend noch einen neuen Nagellack, um den ich schon länger herumschlich. Ab Freitag habe ich fast eine Woche frei, sodass sich das "chinchilly" farbige Nägellackieren wenigstens lohnt. Und vielleicht merkt an dem halben Arbeitstag vor dem Wochenende darauf gar niemand, dass meine Nägel lackiert sind. Mal schauen. Und dann, dann lass ich es mir einfach ein Wochenende gut gehen. So ist zumindet der Plan.



Mittwoch, 25. April 2018

Der Job und so

Bei der Arbeit bleibt mir manchmal nurmehr ein müdes Lächeln, ein hysterisches Lachen, ein resignierendes Hinnehmen all der Zustände, die mir die Arbeit dort verleiden. Meist geschieht dies nacheinander, am Ende steht meistens die Resignation. Nach wie vor betrifft das nicht die Kontakte mit meinen Patienten. Ich arbeite gerne mit den Menschen, mag die Begegnungen und werde oft ein Stück getragen von den mir entgegengebrachten Rückmeldungen. Ich mag es, den Menschen nahe zu kommen, sie zu begleiten ein Stück, ihnen helfend zur Seite zu stehen. Ich mag es, oft auch mit ihnen gemeisam in schweren Situationen lachen zu können, wie heute, als ein Aphasiker versuchte, ein Bild zu benennen und dabei herauskam: "Er pulst die Adern" (auf dem Bild horchte ein Arzt einen Jungen mit dem Stethoskop ab). Natürlich ist es heikel, wenn ein Mensch sich oftmals nicht mehr anders äußern kann, dem mit Humor zu begegnen. Dafür aber lese ich schon so lange in den Menschen, dass es mir oft gelingt, eben diese Gratwanderung zu gehen - immer aber nur gemeinsam mit dem Betroffenen. Manchmal, manchmal da weine ich auch gemeinsam mit dem ein oder anderen - auch wenn ich professionell bin als Therapeutin. Aber eben auch Mensch. Eigentlich ist mein Job mit eben diesem Klientel ganz wunderbar.
Es sind die Rahmenbedingungen, die nicht stimmen. Diese vielen Kleinigkeiten, die sich summieren. Und es ist da ein Stück weit wiederkehrende Resignation - weil ich einfach nicht viel machen kann. Ich bin kein Entscheider. Ich bin nicht mal jemand, der gefragt wird. Es entsteht manchmal der Eindruck, als würden die, die vermutlich auch nur Entscheidungen des Konzerns, Entscheidugnen der Wirtschaftlichkeit ausführen, uns, die wir Tag für Tag am und mit den Menschen arbeiten, fragen. Wenn man dann aber genau hinsieht, Revue passieren lässt, so scheint es doch nur, als würden sie ein wenig Honig verteilen, damit die bittere Medizin, die subtil, aber unweigerlich doch später folgt, ein wenig süßer schmeckt. Da werden sukzessive die Dinge, in denen viel Herzblut eines gesamten Teams und vor allem 2 Personen steckt, die den Laden vor gerade einem Jahr in den Ruhestand verlassen haben, unterwandert, um sie wieder anzugleichen an ein mehr schlecht als recht funktionierendes System. Aber da ist niemand mehr, der seine schützende Hand über ein Konzept hält, was nah an den Patienten ist. Ein Konzept, was effektiv ist, ein Rahmen, der Möglichkeiten bietet in vielerlei Richtungen. Ein Konzept, das einen großen Teil der Patienten weit mehr profitieren lässt als alles, was bisher war. Dafür aber muss der Einzelne im Team sicherlich zu manchem bereit sein. Teamarbeit eben, Flexibilität, Absprachefähigkeit, Interdisziplinarität, Begleiten von Gruppensettings und viel Arbeit auf der Beziehungsebene. Das gelingt nicht allen - auch das macht es schwer, denn wenn diese Voraussetzungen fehlen, wünscht sich der Therapeut eigentlich die Rückkehr ins starre System, in dem ich einfach nach vorgegebenem Plan arbeite, ohne Rücksicht nehmen zu müssen auf die Belange der Menschen, die wir behandeln. Solche Theraoeuten werden aber vielleicht viel mehr befragt, weil sie wohl eben diesesn Weg ebnen, zu dem das Haus augenscheinlich zurück will. Denn das starre System bietet mehr Raum für wirtschaftliche Transparenz. Mehr Raum auch für messbare Entwicklung. Standartisierte Punktesysteme. Systeme, die die Menschen nicht weiter abbilden. Tatsächlich aber fragt genau danach niemand mehr. Da kann auch ein Chefarzt mehrmals versichern, dass es wichtig, gut und richtig, gar wünschenswert sei, individuell auf den Einzelnen einzugehen, individuelle Forschritte zu dokumentieren. Der Konzern  an vorderster Front und seine Umsetzer jedoch postulieren mehr und mehr standartisierte Verschriftlichungen zur Deskription erfolgter Fortschritte im Rehaaufenthalt. Die Liebsten sind mir die Menschen in Positionen über mir, die eben dies in den höchsten Tönen loben: "Standarts benötigen weniger Zeit, alles wird doch so viel einfacher, es macht so viel weniger Arbeit!" Es bleibt mehr Möglichkeit, Therapien abzurechnen, die Zeit drumerhum wird durch das Ersetzen von Fließtext durch Zifferneingabe minimiert. Eine ganz großartige Neuerung. Wundersam, dass ebendiese Leute auf der Ebene der Empathie und der Ebene der eigenen Meinungsbildung irgendwie anders ticken. Dorthin aber geht der Weg.  Frustran.
Im Großen nimmt das in meinem Alltag nicht viel Raum ein derzeit - weil ich dennoch so arbeite, wie ich es gut mit mir, meinen Anforderungen an meine Arbeit, Therapie, Dokumentation und  meinen Vorstellungen zum Umgang miteinander und den Patienten vereinbaren kann.  Das kostet mich trotz eng getaktetem privatem Zeitplan zwar Woche für Woche im Schnitt 3 Überstunden, die weder bezahlt noch abgegolten werden, aber mir geht es gut damit. Jedoch wenn ich genau hinsehe, wird die Tragweite all dessen größer und größer. Es ist schon eine Kunst, mich da abzugrenzen. Zu akzeptieren, dass ich wenig Handlungsspielram habe. Ich schweige nicht und ich nehme auch nicht hin. Ich sage was wichtig ist, spreche, wo es mir möglich ist. Und es ist auch nicht so, als gäbe es keine Fürsprecher. Aber auch der neuen Oberärztin, die noch am nächsten von allen dran ist und die an vielen Stellen durchaus vieles objektiv passend beurteilt, sind gegen Konzernwünsche und deren Umsetzungen, so subtil sie sich auch einschleichen mögen, die Hände gebunden. 
Es ist also Tag für Tag ein Mix zwischen Besonnenheit, Akzeptanz und  Initiative gefordert, der dennoch einer großen Portion Abgrenzung bedarf, um mich nicht aufzureiben an Zuständen. Ich bringe mich ein und wende auch Energie auf, aber wenn es zu schwierig wird, wird auch mein Energiereservoir, das ich für die alltäglichen und zehrenden Dinge des Lebens außerhalb meiner Arbeit brauche, angezapft. Im Moment läuft es gut, ich komme gut zurecht und fühle mich nicht so sehr belastet, weil ich mich in Gelassenheit übe. Ich hoffe sehr, dass das noch ein ganzes Weilchen so bleiben wird. Obwohl mir das derzeit so gut gelingt, merke ich, wenn ich genauer hinschaue, dass auch das ein verdammt hartes Stück Arbeit ist.

Samstag, 14. April 2018

Kompliziert

Es ist kompliziert, dieses Leben im Moment an vielerlei Stelle. Kompliziert und kraftraubend, bestürzend und sich viel zu schnell drehend. Zuviele Baustellen an zu vielen Fronten. Manches betrifft mich direkt, manches mittelbar und bei manchem bin ich einfach nur nah dran, auch wenn es mich -eigentlich- kaum betrifft. Vieles von all dem wirft Fragen auf und Sorgen, die sich immer mal wieder ins Unermessliche steigern, bis ich es irgendwie schaffe, diese wieder zu relativieren - oder stoisch zu akzeptieren - ohne momentan viel dagegen tun zu können.
Die Situation zu Hause ändert bleibt auf einem ähnlich schwierigen Level - das tagtägliche Zusammenleben mit der Mutter zeigt eben auch tagtäglich schwindende Strukturen. Schwindendes Wissen. Schwindende Fähigkeiten. Zunehmende Hilfsbedürftigkeit. Zunehmendes Verschwimmen der Lebensräume, Verlust meines, unseres eigenen Schutzraumes, wenn denn da überhaupt noch einer ist. Es ist selbstverständlich, dass ich da bin und dass ich mich kümmere. Aber dennoch gibt es Tage, an denen es schwer ist. Und ich weiß, dass es nur noch schwerer werden wird. Allein zu diesem Thema müsste ich vieles erledigen. Manches gelingt mir und meiner Schwester. Und vieles bleibt liegen. Weil wir neben unserer Mutter eine Familie haben. Einen Job. Ein Haus. Und vielerlei andere Dinge, die Zeit und Raum fordern. Wir machen. Und lassen liegen, was nicht all zu dringlich ist. Oder was wir einfach nicht mehr schaffen. Eigentlich renne ich nur hinterher und trage dennoch kaum etwas ab vom Aufgabenberg.
Der Erbstreit. Er nimmt skurrile Formen an. Und ich frage mich nach wie vor, wofür. Ich verstehe die Beweggründe nicht. Habgier? Rache? Jedenfalls erfordert auch dieser immer wieder Handeln. Er fordert mich heraus, begleitet meine Gedanken, läuft mir über die Bettdecke, auch wenn ich das gar kein bisschen möchte. Die Abgrenzung fällt schwer. Auch hier liegt alle Handlungsnotwendigkeit bei der Schwester und mir. Letztere ist derzeit beruflich aber so eingespannt, dass sie nur wenig übernehmen kann.
Mittendrin der leibliche Vater mit einem Schlaganfall. Das Outcome war wunderbarst, alles könnte gut sein. Wenn denn nicht bekannt wäre, woher der Schlaganfall gekommen ist. Der Großteil der hirnverorgenden Arterien ist verschlossen, in eine Arterie konnte ein Stent gelegt werden. Schleichend suchte sich das Blut über die Jahre Wege, wärhend die eigentlich wegweisenden Bahnen sich mehr und mehr verengten. Ein Pulverfass.
Es tun sich viele kleine Baustellen am Eigenheim auf, die allesamt ordentlich auf uns lasten. Zuerst die Feststellung, dass viele Versicherungsauflagen nicht eingehalten werden. Die Kündigung der zusätzlichen, gemieteten Garage (wegen Eigenbedarf), die ein großes Platzproblem mit sich bringt. Die Entdeckung eines großen Schimmelfleckes im Arbeitsraum im Keller an einer Außenwand. Einige Tage später eine weitere Schimmelentdeckung in der eigenen Garage, die mit hoher Wahrscheinlichkeit vom undichten Fallrohr herrührt, das zwischen unserem und dem Haus unseres Nachbarn nach unten geführt ist. 
Die nahende Kommunion des kleinen Kindes. Ein schönes Fest, ja. Aber es will auch gestemmt und organisiert sein. 
Die Situation am Arbeitsplatz ist ...  ich nenne es mal irgendwie unglücklich. Das wichtigste passt - ich arbeite gern mit meinen Patienten. Sehr gern. Aber das Klima am Arbeitsplatz selber ist schwierig. Bedingt durch das Arbeiten im Gesundheitswesen ansich, was einfach unglaublich viele Tücken birgt aufgrunddessen, dass Klinik mehr Wirtschaftsunternehmen denn Klinik ist. Es krangt überall. Wundersame Methoden zur Herstellung von angeblicher Transparenz, um Erfolge messbar zu machen und die Wirtschaftsecke zu füttern. Der Mensch ansich verschwindet hinter Zahlencodes. Mangelnde Bezahlung vieler. Solcherlei Kram. Darüber hinaus mein Status im Team, emotional zurückgezogen nach dem letztjährigen Desaster mit der direkten Chefin. Die komplette Trennung meines Privatlebens von allen, einfach weil es mir anders dort nicht mehr möglich ist.  Ich bin ganz gut abgegrenzt inzwischen, und prinzipiell ist es okay so. Leider aber beruht es auf einer der größeren menschlichen Enttäuschengen, die mir widerfahren sind und ich werde tagtäglich darauf gestoßen.
Das Leben mit Familie ist wunderschön. Aber all zu oft verlangt es mir viel ab; das Umgehen mit zwei Mädchen in und nahe an der Pubertät rauben - trotz aller Liebe - Kraft.
Der Partner einer besten Freundin erhielt gerade die fast sichere Diagnose Krebs. 
Mitten in all dem Durcheinander übe ich Abgrenzung gegenüber mir zwar lieben, aber energieraubenden Begegnungen. Ob diese Menschen deswegen auf der Strecke bleiben, weil ich sie zu arg vor den Kopf stoße, weiss ich nicht. Aber ich weiß, wenn dem so ist, dann war da nicht genug Tragfähigkeit. Und nicht genug Empathie in meine Richtung. Dann bin ich wohlmöglich traurig darüber, aber unterm Strich wird es richtig gewesen sein. Leicht fällt mir das nicht, mich belastet ein schlechtes Gewissen, selbst wenn ich stolz darauf bin, ehrlich gewesen zu sein und stolz darauf, meine Grenzen aufgezeigt zu haben. Aber auch das zehrt dennoch.
Ich bin leistungsfähig. Ich kann aushalten. Und in großen Teilen halte ich gerade gut aus. Ich suche einzelne Eckpunkte zum Ausgleich. Klitzekleine zwar, aber immerhin. Ich weiß dennoch, dass ich, selbst wenn es gerade gut funktioniert, nah am Limit bin. Ich weiß, dass ich noch lange nah am Limit gehen kann. Aber ich weiß auch, dass der Punkt kommen wird, wo ich nicht mehr können werde. Maßnahmen sind viele durchgesprochen, durchgekaut. Ich mit mir, dem Gatten, meinem behandelnden Psychiater, meiner Therapeutin, Freundinnen. Unterm Strich mit demselben Ergebnis: mir sind die Hände gebunden, es bleibt einfach kaum mehr als weitermachen, es gibt keine wirklichen Alternativen. 
All dies zusammen laugt mich aus, im Innern und körperlich. Darüberhinaus - oder aufgrunddessen - halte ich mich an einer alten Bekannten fest, die meinem Körper die Masse raubt. Ich bin mir dessen mehr als bewusst, aber da sind gerade genug Fronten, an denen ich kämpfe. Hier kann ich derzeit keinen Kampf aufnehmen, sondern - erst mal - nur den Nutzen begrüßen, ihr Dasein akzeptieren und ein Fortschicken auf später vertagen.
Ich gehe weiter,  jeden Tag, Schritt für Schritt. Manchmal zügig und sicher, oft überfordert. Manchmal verzweifelt, zumeist mehr als resigniert, stets sorgenvoll. Aber mir bleibt keine Wahl, wie so vielen da draußen aus ganz verschiedenen Gründen auch.  Ich hoffe nur, dass ich irgendwann ankommen werde an einer Stelle voll Ruhe und Zuversicht.

Montag, 5. März 2018

WMDEDGT - März 2018

Frau Brüllen fragt, wie jeden fünften eines Monats: "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag"? Geboren wurde diese Weiterführung  nach dem Aufruf zu einer Tagebuchblogwoche von ihr vor einigen Jahren. Damals war ich dabei und auch heute mache ich gerne wieder mit.

Der Tag startet wie so typische Montage: ich habe schlecht und zu wenig geschlafen. Ein Weilchen vor mir haben sich HerrNebeL und das kleine Kindelein aus unserem Bett aufgerafft, ich falle dann eben daraus, als das grosse Kindelein sich bereits verabschiedet. Ein paar Minuten nach dem Aufstehen ist alles gut - ich schaffe es trotzdem nicht eher und bin froh, dass HerrNebeL die Morgenroutine mit den Kindern gemeinsam verbringt und ich eine Randfigur bleibe. Immerhin koche ich ihm heute den Kaffee für die Fahrt und nehm ihm so ein paar Minuten Vorbereitung ab. Man muss ja auch die kleinen Dinge sehen ;-).
Um viertel nach sieben verlassen auch HerrNebeL, das kleine Kindelein und ich das Haus. Ich fahre los zum Supermarkt und kaufe für die nächsten Tage in der Klinik ein: Kaffee, kalte Getränke, Milch und dergleichen. Auf der Hälfte der Fahrt zur Klinik klingelt mein Handy und HerrNebeL fragt, ob ich seinen Garagendrücker möglicherweise mitgenommen habe. Habe ich nicht, aber ich habe einen in seinem Auto liegenlassen, was IN der Garage steht. Der andere Drücker ist ebenso verschollen und die Garage ist mit dem Notschlüssel nicht aufzubekommen. Da ich da aber auch nichts weiter tun kann, fahre ich weiter zur Arbeit. Währenddessen leiht HerrNebeL sich spontan der Mini meiner Mutter (hochpraktisch, dass wir zusammen wohnen in diesem Falle) und schaffft das Kind noch rechtzeitig zur Schule und bringt auch 2 Stückchen der Regenbogentorte, die das große Kindelein gestern gebacken hat, noch bei der Freundin des kleines Kindes vorbei. Ich sitze derweil bereits umgezogen im Büro, checke meinen Tagesplan und plane die Therapien. Auf dem Weg zur Station mache ich mir noch einen Kaffee und habe dann eine kurze Übergabebesprechung mit dem Therapeutenteam, dem Arzt und einer Pflegekraft der Station. Hier kommen manchmal wunderliche Dinge ans Licht und derzeit schwanke ich quasi täglich zwischen hysterischem Lachen, dem Bestreben, bloß nicht weiter nachzudenken und ziemlich klaren Meinungsäußerungen. Ob die allerdings jemand hört oder ernst nimmt bin ich mir derzeit meistens nicht sicher. Ich halte mich nicht geschlossen, sondern sage immer wieder, was ich denke, aber darüber hinaus ist es eine gewisse Form von Selbstschutz, mir das alles nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen. Hier könnte ich langwierige Diskussionen einfügen über das Gesundheitswesen als Wirtschaftsunternehmen, den Pflegekraftmangel, chaotische Teamzusstände, mangelnde Zusammenarbeit, Reduktion der Patientenindividualität auf Punkte- und Zeiterfassungssysteme undundund. Aber ich lasse es lieber, weil es zu nichts weiter führt als Frust. 
Von 09:00 bis 12:00 Uhr behandele ich Patienten auf der geschützten Station. Heute bedarf es zwischendurch immer wieder kleineren und größeren Sequenzen der Intervention nebenher - weil die eine Patientin permanent durch alle Zimmer läuft und dort Dinge verräumt oder mitnimmt - die ihr nicht gehören. Der andere Patient findet aufgrund von Orientierungsschwierigkeiten und nur noch sehr wenig Sehkraft sein Zimmer nicht und rollt mit dem Rollstuhl entsprechend aneckend ebenfalls durch viele Zimmer. Der dritte Patient ist aufgrund eines Keimes isoliert, kann das aber nicht behalten, verlässt mehrmals sein Zimmer und muss dann leider zurückgeschickt oder begleitet werden mit einer entsprechenden Erklärung. Zuletzt ist ein Patient sehr ungehalten, weil er nicht versteht, warum die Stationstüre verschlossen ist. Er droht mir im Gespräch vehement, dass er alle Anwesenden der Reihe nach verprügeln wird, die ihn hier festhalten. Nach einiger Zeit und einigen Worten lässt er sich aber dann doch darauf ein, Platz zu nehmen und erst mal auf das kommende Mitttagessen zu warten. Die (wiederholten) Erklärungen zu der geschützten Station sind nicht wirklich bei ihm angekommen - weil er selber keinerlei Wahrnehmung dazu hat, dass er aufgrund eines neurologischen Ereignisses erkrankt ist und er sich auch in keiner Form beeinträchtigt fühlt. Tatsächlich behält er nur, dass er in einer Klinik ist - aber auch das weiß er nicht immer. Würde er die Station verlassen können, würde er auch die Klinik verlassen. Allerdings wüsste er weder, wo er wäre, noch wo er hinmüsste - selbst wenn er klar benennen könnte, dass er nach Hause will. Manchmal erinnert er die Stadt, in der er wohnt, oft ist es aber auch die falsche. Aber dass dem so ist, nimmt er auch nicht wahr. Aufgrund solcher durch neurologische Erkrankungen entstandene Eigengefährdungen ist unsere Station geschützt. Neben dem Löschen solcher Brände hier und da behandele ich mehrere Patienten in meinem Büro oder auf deren Zimmer. Im Regelfall - so auch heute - bin ich dabei insgesamt sehr entspannt und geduldig und mag es sogar sehr, auf dieser Station zu sein - auch wenn manches so durcheinander zu laufen scheint. Vor der Mittagspause kommt noch ein Patient von einer anderen Station zu mir. 
Mittags sind wir dann im Teamraum recht wenige Sprachtherapiekolleginnen, 3 haben regulär frei, 2 oder 3 weitere sind krank und die  anderen Kolleginnen verbringen die Pause anders oder haben bereits frei.
Anschließend gibt es eine einstündige Teambesprechung, in der wir mehr Zeit für den einzelnen Patienten aufwenden und auch nochmal über den Herrn sprechen, der schon seit einigen Tagen zunehmend agggressiver wird. Währenddessen schneiden wir einlaminiertes Therapiematerial aus - etwa 700 Karten im Spielkartenformat habe ich laminiert - aber alleine ausschneiden mag ich die nicht. Also helfen die ein oder andere Kollegin.
Danach habe ich noch zwei weitere Patienten, bevor ich dann noch kurze Dokumentationen am Rechner erledige. Bevor ich gehe, quatsche ich noch ein paar Minuten mit der lieben Kollegin. 
Heute fahre ich nicht das kleine Kindelein abholen, sondern muss zum Zahnarzt. Die im letzten Jahr begonnene Implantatversorgung kommt heute endlich zum Abschluss: nach einigen Jahren ohne große Backenzähne links unten werden diese heute dort eingesetzt. Bevor der Zahnarzt das allerdings macht, habe ich noch eine komplett unerwartete neue Füllung an dem Prämolar davor gewonnen - die Füllung schien nicht mehr ganz in Ordnung und der Doc machte Nägel mit Köpfen, weil er diesen Zahn später nur deutlich umständlicher würde füllen können. Nach den letzen Malen, wo zumeist eine Auszubildende mithalf und viele Abläufe völlig unrund waren, weil sie vielerei Erklärungen bedurften, behandelt mich heute ein komplett eingespieltes Team. An der Decke hängt ein Fernseher, auf dem unablässig Naturfilme gezeigt werden, was zwischendurch wirklich ziemlich entspannend ist. Nach einer Stunde ist der kleine Backenzahn gefüllt, die Schrauben in die Implantate eingeschraubt, die Brücke ist daraufgesetzt und einzementiert. Und wenn ich Glück habe, muss ich nun erst mal eine ganze Weile nicht mehr dorthin....
Bevor ich heimfahre, muss ich zwei Einschreiben aufgeben. Nach wie vor begleitet uns ein Erbstreit mit den leiblichen Kindern meines Vaters, der im letzten Sommer verstarb. Es ist zermürbend und es fällt mir ziemlich schwer, mich hier emotional zu distanzieren. Meist begleiten mich Gedanken dazu bei fast jedem Aufwachen, am Abend und oft auch auf den ruhigen Autofahrten, bei denen meine Gedanken Zeit und Raum haben, abzuschweifen und keiner gerichteten Konzentration bedürfen. Ich fürchte, dass das auch noch eine ziemliche Weile so bleiben wird. All zu oft frage ich mich, wie Menschen so wundersam sein können, so habgierig und hinterhältig. Mir fehlt vor allem der Vater und ich möchte die Dinge möglichst so regeln, wie er sie mir auftrug. Allerdings ist es manchmal schwer, genau daran nicht zu zerbrechen. Wenn all das einst ausgestanden sein wird, werde ich vermutlich eine große Party feiern.
Auf dem Heimweg beschließe ich spontan, mir ein paar Maki vom Sushi Mann meines Vertrauens zu gönnen. Hier ist es heute ziemlich leer (ich beschließe, ab jetzt nur noch montags her zu kommen - sonst wartet man auch gern mal eine Stunde auf Mitnahmegerichte), sodass ich um kurz nach sechs zeitgleich mit HerrnNebeL zu Hause ankomme. Die Garage ist inwzischen geöffnet . dank weiteren Versuchen mit dem Notschlüssel - und der zweite Garagenöffner ist auch wieder aufgetaucht - den hatte nämlich HerrNebeL selbst im Auto liegen lassen und die Garage gestern  mit einem Schalter geschlossen. 
Ich treffe im Haus auf zwei fernsehende Mädchen - die eine wurde von der Tante heimgebracht, die andere kam um 17 Uhr mit dem Bus von der Schule. Ich briet Schupfnudeln, welche die Kinder dann mit Zimt, Zucker und Apfelmus aßen. HerrNebeL nahm lieber den Streukäse.
Ich machte die ersten Kauversuche mit den Implantaten und meinem Sushi - alles noch sehr gewöhnungsbedürftig möchte ich mal sagen. Ich habe gar jetzt noch das Gefühl, dass da links unten etwas ist, was da einfach nicht hingehört. Aber das ist auch nicht verwunderlich nach vielen Jahren ohne Backenzähne. 
Ich beginne nach dem Essen zu bloggen und bringe zwischendurch das kleine Kindelein ins Bett. Das dauert eine ausgedachte Geschichte (mit immer denselben Protagonisten, die häufig Dinge angelehnt an das erleben, was wir oder das Kind hier auch erlebt hat/haben) und ein paar Lieder lang. Anschließend blogge ich weiter und bin inzwischen ziemlich genervt von neuen Mundgefühl und gönne mir deswegen ein Gläschen Wein, bevor ich gleich im Bett meinen trivialen Fantay Roman weiterlesen werde. 

Weiter Tagebucheinträge finden sich wie immer hier.