Montag, 7. Oktober 2019

WmdedgT Oktober 2019

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit.

Samstag. KeinerleiTermine für mich. Das kleine Kind jedoch hat  Sondertraining am Vormittag bei den Cheerleadern, weil die Meisterschaft naht, das goße Kind hat zwar kein Training, aber es steht ein Spiel der Seniors an, dass die Cheerleader Seniors, zu denen sie nun gehört,  ebenfalls begleiten.. Das kleine Kind wird hier abgeholt, während Herr Nebel, die NebeL Oma und ich zur Verabredeung mit dem Flieseleger in dessen Ausstellung fahren. Oma NebeLs Bad wird altersgerecht umgebaut. Die großen Dinge sind abgesteckt und nun gehts noch ans Fliesen aussuchen. Eine Vorauswahl hatten die NebL Oma und ich längst getroffen und waren uns recht einig
Leider machten mich erst der Gatte und die Oma bereits beim Einparken so nervös, da  der Platz zum Nebenauto gross sviel zu gross sei und Herr NebeL erklärte mir, wie fein ich doch mit der Rückfahrkamera Parkplatzstreifenpassgenau einparken könne (nach einem unverschuldeten Unfall haben wir seit 14 Tagen einen Leihwagen, Seat Alhambra mit Rückfahrkamera. Manchmal ganz nett,aber ich find sie nun nihct so wirklich notwenig). Aber nu, gesagt, getan. Nur  kamen die beiden trotz der Tatsache, dass ich nun perfekt in der Parklücke stand, einfach nivht raus, selbst nicht bei der Schiebetür. Hätte mich einer gefragt, hätte ich ihnen das auch vorher gesagt, spricht gerade mein Teufelchen auf der linken Schulter....Heute mit niedriger Toleranzschwellw gehe ich dann auf den tollen Vorschlag ein:" park doch da vorne vorwärts ein" (tze, ich LIEBE rückwärts einparken). Dummerweise war der sehr sehr gewölbte Blumenkübel nicht zu sehen, das Gepiepe zu unpassend und zack - hatte die dumme Schürze n dummblöden Kratzer, der vermutlich nicht mehr zum "alltäglichen" Schaden gehört, um  die ich mir laut Übergabe des Unternehmens keine Sorgen machen müsse. Aber son größerer Schaden wären ja nur so 1500 Euronen auf unsere Kosten...
Ich war also so richtig glüvklich.
Der lFisenmensch hatte noch Kunden, also sahen wir uns schonmal um und einigten uns auf Kombinationen, die wir bereits anderswo so ins Auge gefasst hatten. Und letzlich dauerte es dann doch sehr, sehr lange. weil die Meinung von gestern und vorgestern plötzlich eine ganz andere war und ich ließ viele Federn, Klar, ist es ihr Bad. Aber sie mag eigentlich kein Weiss. Schon gar nicht hochglanz. Und zugegebenermaßen geht das mir kein bissschen anders. ABer ich denke auch meistens dasselbe wie gestern oder den Tag davor. Aber sie hat eben oft einen neuen Tag, eine andere Meinung, eine andere Idee, einen anderen Menschen, der ihr Vorteile aufzählt und ich habe meine liebe Not.irgendwie alles lieb und diplomatisch und unterwellig wieder gerade zu biegen.
Am Ende konnten wir uns einigen, allerdings kam das große Kind zu spät zum Cheerleaden und dich brauchte Urlaub.....
Die berunterhängende Bördüre kommt allerdings quer zur hellen Wandfiese veraufend, die dunkle ist der Boden.



Anschliessend jedoch  gingen OmaNebeL, HerrNebel und ich noch zum Wocheneinkauf, der allerdings auch wieder ein wenig unter Zeitdruck stand, weil die Damen noch zu verschiedenen Zeiten vom Cherleading eingesammelt werden mussten;  Herr NebeL brachte mich auf dem Weg zur Freundin, mit der ich die leider traurige Fußballvorstellung unseres Lieblingsvereines im TV ansah und wurde auch  unerwartet von Herrn Nebel und einem Kindelein wieder abgeholt. Wir aßen bei Oma NebeL Käsekuchen, kuschelten unseren Kater Anton, der kurz vorm Urlaub hier einzog,der zwar  meist bei der Mutter, aber auch oftmals hier oben ist. Er ist ein 9 jähriger Main coon nd kein Freigänger, abgesehen von unserem Balkon. Und ein ziemlich knuddeliges, großes Kerlchen, ganz viel zischen neugierig, zutraulich und ruhesuchend. Irgendwie recht pasend für uns alle.


Am Abend versuchten wir Grindelwald zu gucken, aber da meine Ohren nach dem letzten Hörsturz in den Sommerferien die Hörgeräte nur so semiprickelnd finden und es ungefähr fast allen ausser mir zu laut war, bin ich dann eben ins Bett gegangen und war nach 11 Stunden Schlaf ungefähr so ausgeschalfen wie immer, nämlich gar nicht.

Weitere Tagebuchbloggerei  von diesem 5. findet ihr hier.

Montag, 5. August 2019

WMDEDGT August 2019

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit.

"Was habe ich heute schon zu sagen, zu erzählen von meinem Tag? Nichts, einfach rein gar nichts, weil einfach nichts geht, nichts passiert und alles schrecklich ist."
Meine Gedanken am Morgen, die demnach in keiner Form eine Teilnahme am heutigen WmdedgT? zuließen. Zumal der Alltag ja gar keiner ist, so im Urlaub. Und darüber hinaus gar nichts alltäglich ist. Aber: wer definiert denn das? Meine Lebenswirklichkeit ist mein Alltag, wie und was auch eben immer gerade ist. Und letzlich stellt Tagebuchbloggen gar nicht den ANspruch, alltäglich zu sein. Und gerade besteht unser Alltag aus einer derzeit gefühlt schwer mehrfach depressiven Mutter mit diversen mehr oder weniger leicht aushaltbaren Symptomen drumherum und mittendrin und einem erschöpfungsdepressivem Vater, 2 wunderbaren halbwüchsigen Mädchen mitten in und um die Pubertät, die alle mit meiner zunehmend dementer werdenden Mutter zusammenleben (die aber nicht mit im Urlaub ist). 

Seit gestern sind wir auf der geliebten Insel im Kattegat. Ein Stück heim kommen. In einem der Häuser, die wir schon kennen, mit einem der für uns schönsten Blicke. Ich dachte erst, ich schaffe heute nichts, habe heute nichts geschafft. Stimmt nicht, als ich beginne, meinen Blickwinkel zu verändern und die andere Seite zu betrachten: eben nicht "was habe ich heute alles nicht geschafft?", sondern" was habe ich eigentlich heute geschafft?"

Ich schaffe es, vor allen Anderen aufzustehen, morgens um 08.00 Uhr. Was auch ein klitzekleinwenig daran liegen mag, dass das kleine Mädchen des Nachts in unser Bett kam. Und das Bett etwa 1,20 breit ist. Ich habe es geschafft, mir einen Kaffee zu machen, dem am Tag noch einige Weitere folgen werden. Die nächsten zwei Stunden habe ich es geschafft, Ruhe auszuhalten. Mit vielen Abstrichen zweifelsohne, die aber nur im Innern stattfinden. Gegen 10 Uhr kommt das kleine Mädchen, und beginnt irgendwann, den gestern angefangenen Film auf einem Mobilgerät zu Ende zu schauen. Sie möchte nicht allein im Wohnzimmer  bleiben, aber ich bin so erschöpft, dass ich mich nochmal hinlegen muss. So gehen wir in ihr Zimmer, das auch ein 1,20 m Bett hat und legen uns hinein. Sie schaut weiter, ich schlafe nochmals eine Weile. Im Sommerhaus unter der Decke mit Fleecejacke, -schal, langer Hose und Socken. Das Kind - dem allerdings selten überhaupt kalt ist - in Hot Pant und Top. Ohne Decke natürlich. Gegen Mittag wache ich auf und wir stehen erneut auf. HerrNebeL schläft noch, das große Kind hat sein Zimmer quasi noch nicht verlassen. Das ist auch den mobilen Endgeräten und dem Wlan geschuldet. Ich bin immerhin ganz zufrieden, dass sie beide nur Filme oder Serien schauen.
Klar sind die Mädchen alt genug, sich etwas zu Essen zu nehmen oder selber zu machen. Aber am liebsten haben sie es denoch in mundgerechten Happen, vor allem wenn es wohlmöglich etwas Gesundes ist. Also schaffe ich es tatsächlich, einen Obstteller parat zu machen, den sie sich teilen. Irgendwann taucht auch HerrNebeL auf, fast ausgeruht nach 12, 13 Stunden Schlaf. An den beiden Tagen davor waren wir rund 40 Stunden auf den Beinen, fuhren die Nacht hindurch, verabschiedeten den Patensohn von HerrnNebeL, der ein Austauschjahr in Brasilien macht, packten Auto und Anhänger, luden ihn aus und dergleichen, sodass es kaum verwunderlich wäre, sichnach so viel Schlaf nicht erholt zu fühlen.
Ich schaffe es, mich online um Geldgeschäfte zu kümmern, da wir - finanziell immer am Limit lebend - manches nicht "mal eben so" abfangen können. Wie zum Beispiel das zu einem völlig anderen Zeitpunkt als mein Gehalt eingehende Krankengeld. Ich schaffe es, mich zum Frühstück der Familie mit einem Kaffee dazu zusetzen, nach draussen auf die Terrasse. Auch wenn es lange dauert, bis ich schaffe, dafür vom Sofa aufzustehen. Wir alle schaffen gemeinsam schöne und interessante Unterhaltungen dabei. Ich schaffe es, dem großen Kind zu sagen, wie sehr ich seine gute Laune und so lebensfrohe Art liebe - und auch wie schwer ich sie im Moment nur aushalten kann. Ich schaffe es, der Chefin eine Bescheinigung zu mailen, die ich vergaß in Deutschland noch zur Post zu geben. Ich schaffe es nicht bis ans Meer, nicht mal das Grundstück zu verlassen, aber ich hab den Blick trotzdem schön, immerhin.




Und ich schaffe es, das hinzunehmen. Ich schaffe es, nicht nachzufragen, was daheim passiert ist,  ob die Mutter wunderliche Dinge gemacht hat und was (wovon leider zumeist auszugehen ist), ich schaffe es, nicht zu fragen, ob das Haus noch steht. Ich schaffe  es, ein Kapitel zu lesen und ich schaffe es, mit mal dem einen und mal dem anderen Kind an der Videokonsole zu spielen (das mag ich tatsächlich schon immer, bekennender 90er Jahre Nintendo Fan...). Ich schaffe es, eine Kleinigkeit zu essen, wenn auch etwas Ungesundes, aber das stört grad nicht. Ich schaffe es, dies hier zu schreiben. Ich schaffe es, mich nicht zu ärgern darüer, dass meine Worte hier so wenig das spiegeln, was in mir ist, weil es nämlich trotzdem schwer ist, zu schreiben.  Ich schaffe es, einige geschriebene Worte mit der Freundin mit Frühchen auszutauschen, die sowohl mir als auch ihr gut tun. Ich schaffe es, den Standort zu wechseln - und hab den Blick noch schöner.



Ich schaffe es, mir nur drei oder viermal durch die Ohren schießen zu wollen, weil sie momentan so unglaublich laut sind, statt viele Male mehr. Und das ist hier eine Kunst, denn hier ist es still. Sehr, sehr still.
Ich schaffe es, mit der Familie am Abendessenstisch zu sitzen.   Und vielleicht schaffe ich es auch noch zu duschen. Es ist schwer, verdammt schwer, aber ich schaffe es, mich auszuhalten anstatt mir ein paar Stunden Gelassenheit mit dem einen Medikament oder Ruhe durch "Ausschalten" mit dem anderen Medikament zu erschleichen (selbstredend ärztlich besprochen und verordnet).

So betrachtet hab ich vieles geschafft heute. Auch, wenn ich eigentlich nur sehr antriebslos herumgesessen habe. Auch, wenn es mir gerade mehr als bescheiden geht, und mir alles sehr hoffnungslos erscheint. Aber wie gesagt, letzlich ist es dem "Tagebuch" auch völlig einerlei, was wer "schafft". Einblicke eben in andere Lebenswelten. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Weitere Tagebuchbloggerei wie immer hier.

Donnerstag, 6. Juni 2019

WMDEDGT - Juni 2019

Juni! Es ist bereits Juni... Viel zu lange Stille hier. Jetzt aber:

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit.

Mein Tag beginnt mit einem Gewitter, ziemlich genau um Mitternacht. Ich bin mit Musik am Vorabend auf dem Balkon hängengeblieben,  lauschte lange dem Wind, der durch den Baum fegte, der direkt hinter dem Garten steht. Es ist mild nach einem heißen, drückenden Tag. Das Gewitter zieht seit rund 2 Stunden mit Wetterleuchten immer näher. Als es um die Tageswende hier ist, regnet es eine kurze Zeit heftig, ich werde nass bis zu den Knien. Nun lausche ich dem Regen und Wind, die beide kurze Zeit später verstummen und zurück bleibt das Grundrauschen der rund 1 km entfernten Autobahn. Ich bleibe, höre weiter Klaviermusik, schreibe einzelne Dinge auf, die mir durch den Kopf gehen. Ein Moment des Schreibens, wie er seit Monaten fehlt: aus dem Bauch aufs Papier, oder diesmal auf den Handy Notizblock. Über Abschiede, Verantwortung, Wahrnehmungen. Wenn ich sie nächstens wieder lese, werde ich überrascht sein, was ich schrieb und wie treffend es meist ist. Innenwelten kann ich selten mit dem Mund ausdrücken, selten meinem Gegenüber sprechend beschreiben. Das Schreiben des Innens auf ein Medium, das Fließen der Worte ursprünglich aufs Papier, ohne den Umweg über meine Gedanken, vermag manchmal zu entführen in meine Innenwelten, wie nichts Anderes es kann. 
Ich bleibe bis gegen drei Uhr draussen und trinke zum Ausklang einen wunderbaren Milchkaffee.

Am Morgen kommt das kleine Kind nach ihrem Wecker klingeln zu uns ins Bett. Manchmal ist das um 05.00 Uhr, meist ein wenig später. Eigentlich steht sie gern früh auf, weil sie noch so viel erledigen muss (nun ja, die Haare und das Outfit brauchen die Zeit) und sie es nicht mag, in Stress zu geraten. Heute aber weckt HerrNebeL sie immer wieder ab 05.40, ab 06.00 Uhr übernehme ich, aber so recht gelingt es nicht. Als sie dann doch ins Bad geht, kommt sie weinend und schmollend zurück, weil es dort viel zu kalt sei...
Mittendrin kommt das grosse Kind und macht sich parat. Um 07.00 Uhr sind nach einigen Sticheleien, Haarproblemen, Diskussionen über zu schmierende Brote versus Essensgeld und anderlei Dingen beide Kinder fertig, gehen nach unten und verlassen das Haus. HerrNebel folgt rund 10 Minuten später. Ich bleibe liegen, da ich derzeit krankgeschrieben bin. Zwei Stunden lang versuche ich die Lautstärke in meinen Ohren zu ignorieren, die Töne und das wellenartig auftretende Rauschen sowie den Kopf, der heute unaufhörlich innerlich Lieder singt. Ich schlafe schliesslich um 09:00 Uhr wieder ein, um dann eine halbe Stunde später davon aufzuwachen, dass der Pflegedienst zu meiner unter uns lebenden Mutter kommt. Dieser hilft ihr derzeit zumindest morgens beim Anziehen und dem Waschen, da sie seit einer Schulteroperation eine Manschette trägt, die das Bewegen des Oberarmes verhindern soll. Diese wird über der Kleidung getragen und sie kann sich nicht alleine aus- oder anziehen; theoretisch wäre das möglich, aber die kognitive Umetzung gelingt ihr nicht mehr. Sobald der Arm aktiv belastet und bewegt wird, kann es sein, dass das Nähen dreier Sehnen völlig umsonst war und so wird das An- und Ausziehen engmaschig und mit strukturellen Anweisungen begleitet. Abends mache das meistens ich, ebenso das Duschen und alles andere, was anfällt.
Ich stehe dann selber auf, sage bescheid, dass wir in einer halben Stunde zur Physiotherapie fahren müssen - weil auch die zeitliche Strukturierung, das Merken von Terminen, das Lesen der Uhr oftmals nicht richtig gelingen - und mache mich fertig. Später gehe ich runter zu meiner Mutter, wir gehen durch, ob sie alles dabei hat, was sie braucht und machen uns auf den Weg. Ich habe meine Augen fortan überall. Hat sie wirklich den Schlüssel, nicht mehr die Hausschuhe an, vielleicht Schminke an falschen Stellen? Sieht sie die Stufen oder andere Hindernisse? Hält sie sich mit der gesunden Hand am Geländer fest und dergleichen. Übergegangen in Fleisch und Blut seit längerer Zeit.
Bei der Physiotherapie, heute ist der dritte Termin, bitte ich den Therapeuten um ein kurzes vorheriges Gespräch. Ich wurde aus den Berichten meiner Mutter nach der letzten Sitzung nicht schlau und bat ihn zudem, sie nicht üben zu lassen, die Manschette selbständig an und abzulegen. Nach diesem letzten Termin behielt sie nämlich nur im Kopf, dass sie den operierten Arm bewegen solle, um zu üben - und das ohne Manschette, was darin endete, dass ich sie komplett ohne das Hilfsmittel umgezogen vorfand. Sie hatte einfach Teile seiner Anweisungen nicht verstanden, aus "sie söllten lernen, die Manschette selbständig an und abzulegen" sowie "sie müssen üben, aber keine aktiven Bewegungen" blieb bei ihr hängen, dass sie zu Hause die Manschette abnehmen und den Arm bewegen solle.
Komplexe Inhalte erfasst sie oft nicht mehr, erst recht nicht, wenn es schnell geht. Sie hat eine gute Fassade, sodass irgendwas dem Therapeuten zwar etwas wunderlich vorkam, aber er keinerlei Idee dazu hatte, dass hier eine Demenz vorliegt. Ich wiederum wollte nicht immer und überall dabei sein und dachte mir, dass sie wie im Krankenhaus passiv durchbewegt würde und dabei nichts schief gehen könne... nun ja, weit gefehlt. Ich erkläre die Situation und nehme an der Stunde teil, schaue mir die Übungen an, die sie machen darf. All zu oft sehe ich die Unsicherheit in ihren Augen, wenn der Therapeut etwas erklärt, was sie tun soll, all zu oft bewegt sich die falsche Hand, all zu oft reagiert sie mit ganz anderen Bewegungen. Jetzt schließt sich der Kreis, was sie mir vom Rudern erzählte und den Armhebungen, unter denen ich mir so gar nichts vorstellen konnte. Verstanden jedoch hat  sie sie auch heute noch nicht. Wir stellen gemeinsam klar, dass sie nur in Begleitung üben dürfe und meine to do Liste wird erweitert darum, dass ich dies noch meiner Schwester zeigen muss. Oder der großen Tochter. Oder HerrnNebeL. Oder am besten allen.
Von dort aus fahren wir kurz heim und brechen ein halbes Stündchen später zum besten Fischmann auf, der am Stadtrand, ganz nah unseres Hauses liegt. Wir essen Sushi, und die Mutter freut sich, dass sie nun endlich einmal Sushi gegessen hat und dass es ihr so wunderbar schmeckt. Die  Male, die wir vorher schon dort waren, sind verschwunden, zumindest die, an denen wir Sushi aßen. Tatsächlich gehen wir schon seit 20 Jahren dort hin, aber Sushi probierte sie dort erstmalig vor etwa 2 Jahren. Ich schreibe einen Einkaufszettel, die Mutter bittet zum wiederholten Male darum, noch zum Erdbeerfeld zu fahren. Als wir dort abbiegen, weiß sie es nicht mehr und freut sich, dass wir Erdbeeren kaufen. Es kommt aber zurück in ihre Erinnerung: "Ach, stimmt, das hab ich schon wieder vergessen". Ja, ich weiß.
Wir gehen anschliessend noch gemeinsam in den Getränkemarkt und Supermarkt, wo sie manchmal herumläuft wie Falschgeld. Die Reaktionen sind verändert, sie weiß nicht mehr schnell genug, was sie tun soll, wenn ihr jemand mit dem Einkaufswagen entgegenkommt, sie kann die Idee ´aus dem Weg gehen zu wollen´ nicht mehr so einfach umsetzen und alles sieht wunderlich ungelenk aus. Auch hier sind meine Augen und Gedanken oft überall, um eingreifen zu können. Danach geht es nach Hause, ich versuche vergeblich, sie dazu anzuhalten, nichts in die Hand zu nehmen beim Weg die Treppe hinauf, damit sie sich festhalten kann. Kaum drehe ich mich um, trägt sie doch das 2 Kilo Erdbeerkörbchen hinauf und hat gar keine Hand zum Festhalten übrig. Ich muss sie lassen - viel mehr kann ich nicht tun, ich kann ihr nicht alles abnehmen. Will ich auch gar nicht, im Gegenteil. Ich möchte, dass sie so viel als möglich selbständig macht. Oder ihr zumindest das Gefühl geben, dass es so ist. Die Situation ansich ist schon schwer genug, ich darf sie nicht einengen, sie nicht bevormunden. Ich muss versuchen, auf Augenhöhe zu bleiben - obwohl längst ich, wir vieles entscheiden, nahezu alles an administrativem Kram erledigen. Ihr Struktur geben, an die sie sich halten kann. Auch wenn sie oft unselbständig ist wie ein Kind, darf ich und will ich sie nicht bemuttern.
Ein Spagat.
Ich verräume die Einkäufe, wasche Wäsche, bringe die Küche halbwegs in Ordnung. Sie erzählt mir derweil, dass am Morgen jemand von der Krankenkasse angerufen habe. Etwas würde fehlen. Sie kann mir weder sagen was noch wofür, weiss aber zu berichten, dass die Dame erwähnte, dass es ja oft besser sei, miteinander zu reden, um die Dinge mal schnell zu klären. Nun, ob etwas geklärt ist, und wenn ja was, muss ich nun morgen in Erfahrung bringen, indem ich herausfinde, wer anrief ("die war nicht hier aus der Stadt, sondern von einer Zentrale") und dann hinterher telefoniere.
In unserer Wohnung beginne ich das Notwendigste zu erledigen. Die Mädchen kommen heim nach heute nur 8 Stunden. Dann sind sie immer früh hier, weil ein Einsatzbus der Nachbarschule bei ihrer Schule vorbei fährt und 150 Meter von uns entfernt anhält. Zu anderen Zeiten brauchen sie am Nachmittag fast 1 Stunde, heute nur eine halbe. Das große Kind hilft kurz mit, das kleine nach mehrmaliger Aufforderung auch. 5 Minuten später sitzen sie beide wieder an irgendwelchen Medien, eine schaut eine Serie, die andere daddelt am Handy. Es gibt hierzu zwar feste Regeln; diese sind derzeit aber zugegebenermaßen recht verweichlicht. Denn wie sie so sind: Reglen sind da, um erst Mal dagegen anzuschimpfen. Auch wenn die Regel schon immer so war. Im Moment aber fehlen mir oft die Nerven, das Gemecker anzuhören und ich sehe über das Regel brechen hinweg. Nicht gut, ganz klar. Schafft auch weitere, dann hausgemachte Probleme. Aber meine Ressourcen sind mehr als begrenzt und welches Kind würde ihn nicht ausnutzen diesen Zustand?! Andererseits ist ihnen auch vieles an der Situation hier bewußt und oftmals kommt das große Kind von sich aus und fragt, wo sie mir helfen kann. Und das kleine Kind ist oft unfassbar liebevoll dabei, mich aufzubauen. Irgendwann wird es auch da wieder geregelte Bahnen geben.
HerrNebeL kommt nach Hause, und es wird rund eine halbe Stunde ums Schwimmen diskutiert. Mittwochs gehen die drei am Abend nämlich gemeinsam schwimmen. Heute aber will die eine Tochter nur in dieses eine Bad und nicht das andere; sie diskutiert und argumentiert wild vor sich hin, allerdings ohne zu wüten und die Situation zu verlasssen, wenn es schwierig wird, wie sie es oft tut. Sie hatte aus diversen Gründen zwar keinen Erfolg, aber am Ende finden wir gemeinsam einen Kompromiss für die Zukunft und ich bin sehr, sehr stolz, wie sie das geschafft hat. Das große Kind wurde es irgendwann leid und zog es vor, für heute weiter ihre Serie zu schauen. 
So grilltn wir spontan Restfleisch vom Wochenende, ich telefoniere lange mit der Schwester, um die nächsten Tage abzusprechen, sowie kurz den neuerlichen Stand der Dinge im Erbstreit. Inzwischen sind die für mich schwierigsten Dinge klar geregelt und über all die nun noch wunderlichen Dinge lache ich fast und kann nur noch ungläubig den Kopf schütteln. Bald sind 2 Jahre um, und obwohl eigentlich seit November eine Einigung besteht, geht es nicht wirklich weiter. Definitiv augenrollbedürftig.
Nach dem Abendessen auf dem Balkon gehe ich runter zu meiner Mutter und mache die vom Therapeuten aufgetragenen "Hausaufgaben" mit ihr. Es hapert weiter an der Umsetzung und ich gebe verschiedene Unterstützung. Hier und da gibt es einen "Aha" Effekt - wer weiß, was morgen davon hängengeblieben ist. Vieles erinnert sie nämlich durchaus, es ist wie ein Glücksspiel. Manche Dinge sind eindrücklicher als andere, manche Dinge sind morgen noch ganz klar, aber übermorgen schon wieder im Nebel. Eigentlich ist das auch spannend, aber es bedarf eben dieses ständigen Mitdenkens, Beobachtens und Eingreifens, falls denn nötig. Hab Acht Stellung. Ich könnte den Dingen ihren Lauf lassen, richtig. Jedoch, solange die Schulter gar nicht belastbar ist, bin ich sehr auf der Hut. Denn wenn etwas nach der geglückten Operation schief geht, kann der Arm sehr schmerzbehaftet bleiben. Oder unbrauchbar. Oder es bedarf einer noch größeren OP und alle Mühe wäre umsonst gewesen oder begänne wohlmöglich von Neuem. Später werde ich wieder ein wenig weniger eng dran sein müssen. Hoffe ich. Da aber in den letzten Wochen vor der OP schon eine deutliche Verschlechterung einzog, beginnen wir langsam, weiter zu denken, was zu planen ist. Und wann. Und wie.
Wir kommen gut zurecht, wir beide, die Mutter und ich. Ich habe Geduld, ich weiß, worauf ich achten muss, ich habe Übung durch meinen Job. Ich weiß, wie ich ihr gut helfen kann, ohne dass es zuviel ist; ich weiß, wie sie selber auch viele Anteile selber erledigen kann. Ich habe raus, was ich machen muss, damit es ihr persönlich dabei gut geht. Wir diskutieren nicht, obwohl ich ihr durchaus nicht einfach Recht gebe, wenn etwas nicht so ganz oder gar nicht den Tatsachen entspricht. Ich lenke das Gespräch, und wir finden immer einen guten Ausgang. Ich tue viel und ich tue vieles gern. Oft haben wir auch großen Spaß dabei, bei der Grundpflege, beim Duschen. Ich tu ihr oft gut. Ich sei eine gute Tochter, sagte HerrNebel dieser Tage. 
Stimmt. Aber ich bin derzeit wenig verfügbar für alles Andere. Die Kinder stecken zurück. HerrNebeL auch. Am meisten aber ich. Ich lebe für Andere, ich lebe für Aufgaben. Ich selber bin an vielen Limits, physisch und psychisch. Deswegen zog ich die Reißleine und bin erst mal raus aus dem Job noch für eine Weile. Obwohl er mir fehlt. Aber ich würde noch schneller noch mehr abbauen. Und die letzten Tage zeigen mehr und mehr, dass es ohne jemanden, der viel Zeit hier verfügbar ist, derzeit nicht gehen würde. Auch wenn da ein wenig Entlastung ist durch die Pflege, die das Waschen, Aus- und Ankleiden am Morgen übernimmt, gibt es darüber hinaus ungeheuren Hilfsbedarf.
Die Mutter hat am Nachmittag Erdbeeren für alle parat gemacht, und ich nehme welche mit nach oben zur Freude aller. Inzwischen ist es halb neun, das große Kind wäscht sich die Haare und das kleine sucht nach Kleidung für morgen.  Es ist schwierig, obwohl sie diejenige ist, die am meisten Anziehsachen hat. Einiges der großen Schwester, einiges von der Freundin der Schwester und einiges, was sie selber sich wünschte oder kaufte. Sie sucht erst Tops und Shirts, die alle irgendwie nicht richtig sind. Zwischenzeitlich einigen wir uns, dass ich ihr schnell eins nähen könne nach Schnitt xyz. Dies scheitert am fehlenden, ihr gefallenden Stoff. Letzlich möchte sie noch im Kinderzimmer aussuchen und ich warte in meinem Bett liegend darauf, dass sie so weit ist. Das endet darin, dass jede in ihrem Bett auf die Andere wartet und das Licht erst um 22.00 Uhr aus ist.... Ich bleibe bei ihr, bis sie schläft, weil sie es immer noch liebt und ich es gern tue. So kommt es, dass ich auch noch bei der 9 jährigen irgendwann, jedes Geräusch vermeidend, aus dem Zimmer schleiche. Heute renne ich allerdings halb gegen den Ventilator, aber glücklicherweise schläft sie so fest, dass sie sich nicht regt.
Dann endlich mache ich meinen Kaffee, den ich eigentlich gefühlte Stunden vorher gemeinsam mit @FrauMiest virtuell trinken wollte und blogge. Den Gang in die Badewanne hab ich verschoben, weil bereits der 6. Juni geworden ist. Bevor ich aber ins Bett gehe, in das HerrNebeL längst gegangen ist, setze ich mich noch mit einem Glas Wein nach draussen, weil seit einigen Minuten der Wind wieder so arg durch den Baum hinterm Garten weht, dass ich noch ein Weilchen dem Tosen und Rascheln lauschen werde.

Mehr Tagebuchbloggerei findet sich wie immer hier.

Mittwoch, 6. Februar 2019

WMDEDGT - Februar 2019

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit.

Die Wecker klingeln roundabout 6 Uhr, meiner erst um 6.23 h, während die anderen drei da schon fast am Frühstückstisch sitzen. Die Morgenroutine ist die eines üblichen Werktages, heute mal ohne Katastrophen, Wutanfälle oder Streitereien. Die Kinder verlassen das Haus um 07.00 Uhr zum Bus, ich folge kurz danach, HerrNebeL ein paar Minuten später.
Die Bushaltestelle ist schon verwaist, als ich vorbei fahre. Es geht für mich 20 km über Land in eines der Nachbarstädtchen. Dort ist am Stadtrand die Rehaklinik, in der ich seit nun mehr 20 Jahren arbeite - zuerst als studentische Hilfskraft nach einem Praktikum, seit 2000 dann festangestellt als Sprachtherapeutin. Es ist schön, wieder einmal zu merken, dass es des Morgens auf der Fahrt wieder heller wird und ich nicht mehr im Stockdunkeln am Arbeitsplatz ankomme.
Ich fahre den Rechner hoch, der derzeit einige Minuten braucht, ziehe meine wenig vorteilhafte Arbeitskleidung an - weisse Hose und blaues Polohemd. Vor allem wenig vorteilhaft aufgrund der wenigen Taschen, die mit vielen Dingen arg gefüllt sind: in der Gesäßtache mein Schlüssel, mein täglicher Arbeitsplan und eine Packung Kaugummi und in der Brusttasche mein Scanner, ein Sterilium Fläschchen, 2 Bleistifte, ein Folienstift, ein Radiergummi. Wie das aussieht, mag sich nun jeder selber vorstellen.... Immerhin soll es irgendwann neue Hosen mit vier statt einer Tasche geben. Der Zeitpunkt dessen ist jedoch ungewiss....
Ich checke, wen ich heute behandele, bereite die Therapien ein wenig vor, drucke den Tagesplan aus und gehe um 08.30 h in den Teamraum, mache meinen morgendlichen Kaffee und gehe auf Station. Hier drucke ich wieder - diesmal Patientenlisten für alle Kollegen und koordiniere den Plan für die Patienten auf der geschützten Station. Um 08.45 Uhr  besprechen wir im Team - Therapeuten, Arzt, Oberärztin, 2 Praktikanten, eine Pflegekollegin und die Stationsassistentin - tagesaktuelle Dinge. Hier und da wird über irgendwelche Infos diskutiert und es werden Planänderungen besprochen. Kurz vor neun sind wir durch, ich drucke die Pläne für die Patienten im geschützten Bereich aus und bringe sie der Kollegin in den Frühstücksraum, die jeden Morgen ritualisiert die Pläne an die Patienten verteilt und deren Tagesverlauf bespricht.
Von 09.00 Uhr bis 12.30 Uhr habe ich Therapiezeit, zwischendurch ergibt sich heute - vermutlich durch einen akuten Noro Viren Fall bei einem meiner Patienten - für mich eine Freieinheit. Diese nutze ich, um meinen Aufenthalt in Hannover zu einer Fortbildung Anfang April zu planen. Recht schnell kommt mir die zündende Idee, dass wohl eine Messe zu der Zeit stattfinden muss, da ich zunächst quasi keine und später dann Zimmer in der Preiskategorie 200 Euro pro Nacht aufwärts (und zwar weit aufwärts) finde. Selbstredend ist auch im Fortbildungszentrum kein Zimmer mehr frei. Nach einer Weile weiterer Suche finde ich eine Privatunterkunft, auch wenn ich nun noch nicht weiß, wie ich das finden soll. Aber immerhin bleibe ich preislich gesehen weit unter 200 € pro Nacht. Nach der Mittagspause geht es weiter mit der Versorgung von Patienten sowie einer Planungseinheit für die Therapiepakete meiner Station und noch eine kurze Dokumentationszeit. Um halb vier verlasse ich die Klinik (quasi pünktlich, was eher eine Seltenheit ist), kaufe kurz ein und fahre nach Hause. Beide Kinder sind schon da, weil heute aufgrund von Zeugniskonferenzen nur halbtags unterrichtet wurde. Außerdem hat das große Kindelein ein großes Paket angenommen:


Da ihre Matratze fast so alt ist wie sie und ich neulich, als sie mit der Klasse auf Skifreizeit war, feststellte, dass das ziemlich genau zu merken ist, wenn man darauf schläft, habe ich kurzerhand eine neue bestellt. Ich schlafe selber seit 2 Jahren auf einer solchen Matratze und bin nach wie vor recht glücklich damit. Die Matratze des Kindes liegt schon herum und lüftet aus. 
Mit einem Kaffee gehe ich runter zu meiner Mutter, quatsche ein bisschen mit ihr, schiele unauffällig hier und dort hin, checke diverse Dinge des Alltags, kläre Termine und suche - wie jeden Tag - irgendetwas, was sie sucht. Nach dem Kaffee breche ich auf zum Psychiater Termin, den ich turnus mäßig mindestens alle drei Monate habe. Momentan geht es vor allem um einen kurzen Austausch des Standes der Dinge - wie es eben geht, wie ich umgehe mit Belastungen, was möglich ist zu tun und ob eine Medikationseinstellung erforderlich ist. Letzteres ist momentan nicht der Fall. Mit manch anderem tue ich mich schwer. Die Belastungen sind hoch, seit vielen Monaten, ich funktioniere durchgehend, wenn auch mal mehr schlecht als recht, aber ich funktioniere. Drumherum versuche ich ebenfalls seit Monaten, viel Ausgleich für mich zu schaffen, wobei das meiste, was ich an Energie für mich gewinnen kann, irgendwo im Nirvana verpufft. Meist frag ich mich nicht mehr, wie es mir geht. Ich mache einfach. Und mache weiter, weil mir kaum eine Wahl bleibt. Da ist wenig Raum, mich selber einzulassen auf mich, oder besser mich zu kümmern um mich. Weil ich mich viel zu viel um andere kümmere, oft kümmern muss. Ich habe momentan ein Stück weit resigniert, fühle mich ohnmächtig und hilflos. Ich handele, arbeite ab. Alle aufgelaufenen to-dos werden der Dringlichkeit nach abgearbeitet. So, wie es eben nötig ist. Und immer, wenn sich tatsächlich mal eine Weile Entschleunigung einstellen könnte, finde ich garantiert irgendein Projekt und ich verfalle wieder in Aktionismus. Runterkommen und Ruhe finden gelingt nicht. Ich habe es momentan so akzeptiert und hoffe auf den richtigen Zeitpunkt, wieder hinschauen zu können. Hilfreich sind  solche "Eckpfeiler" wie eben dieser Termin, wo ich dann doch mal ein Stück weit genauer denke, fühle, antworte.
Direkt danach kläre ich mit meiner Schwester telefonisch, wie wir auf einen wieder einmal sehr wunderlichen Brief des gegnerischen Anwalts in der laufenden Erbstreiterei reagieren. Auch wenn die Auseinandersetzung abgeschossen schien, stellt dieser noch wunderliche Fragen zum im Verlauf bereits geklärter Sachverhalte und bittet um die Beschaffung von Dingen, die der Gegenseite längst vorliegen. Nett dabei auch der abschließende Satz, dass die Gegenseite sehr an der baldigen Beendigung der Auseinandersetzung interessiert sei. Bitte, nur zu - eigentlich sind sie am Zug: bereits seit November liegt der gefundene Konsens deren Notar vor, irgendwie können wir da jetzt auch nichts beschleunigen. Immerhin ist da diesmal nichts, was noch in irgendeiner Form zur Pulsbeschleunigung führen würde. Ich reagiere lediglich mit einem müdem, gequältem Lächeln und Augenrollen.
Auf der Fahrt zurück meldet sich die Elektronik des neuen Autos wiederholt lautstark mit dieser Anzeige:



Wunderlich nur, dass hinten weder jemand sitzt oder gar heute saß, geschweige denn, dass ein Anschnallgurt genutzt wird oder wurde. Auf den Sitzen steht auch nichts, sodass ich mir das aufgeregte Gepiepe nicht erklären kann. Ich ignoriere es hartnäckig und hoffe, dass bei der nächsten Fahrt Stille herrscht. Lust, geschweige denn Zeit, in der Werkstatt vorstellig zu werden habe ich nämlich keine. Ich versuche zudem, dem Gedanken, dass es doch keine gute Idee war, den geliebten (sehr) alten Wagen, der mit quasie keiner Elektronik auskam, abzugeben, nicht weiter zuzulassen. Irgendwie hatte es ja schon einen Grund, weshalb wir arg an dem Ding hingen...
 
Daheim angekommen mixe ich schnell einen Drink für nach dem Sport für die langjährige Hockeyfreundin und mich (mit Quark, Haferflocken, Mandeln, Obst, Milch und nem Schuss Agavendicksaft), ziehe mich um und fahre die langjährige Hockeyfreundin abholen. Zwischenzeitlich ist HerrNebeL heimgekommen und bereitet das Abendbrot zu.
Im Fitnessstudio machen wir eine Weile Ausdauer- und dann Krafttraining. Mittendrin treffen wir meine Schwester, die von einem Kurs kommt (auf dem Stepper. Hoffnungslos verloren wäre ich, weil viel zu viel Koordination gefragt ist und das bitte synchron im Tempo der Musik...). Um halb neun springe ich schnell unter die Dusche, während die langjährige Hocheyfreundin kurz mit ihrem Cousin, den wir ebenfalls zufällig dort treffen, quatscht. Irgendwie liegt der neuere Standort des Fitnessstudios  für verflixt viele Menschen der Stadt verflixt günstig. Glücklicherweise kommen aber nahezu alle wirklich zum sporteln dort hin und nach kurzem Hallo geht meist jeder seinen eigenen Dingen nach. Im Frühjahr und zum Sommer hin wird es erfahrungsgemäß wieder etwas ruhiger werden. Um zwanzig vor neun verlassen wir das Studio (rekordverdächtige Duschzeit!) und fahren zur Freundin, wo wir 2 Minuten nach Anpfiff des Pokal Achtelfinales den Fernseher einschalten. Die ursprünglich geplanten 90 Minuten werden dann dank Verlängerung und Elfmeterschießen etwas länger, sodass ich nach der Ankunft zu Hause nicht mehr am Tagebuchbeitrag weiterschreibe. HerrNebeL und die Kinder sind schon im Bett, in das ich mich dann um kurz nach Mitternacht auch verkrieche, selbstverständlich nicht ohne eine abschließende twitter Runde.

Mehr Tagebuchbloggerei findet sich wie immer hier.

Donnerstag, 6. Dezember 2018

WMDEDGT - Dezember 2018

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit. 

Ich habe heute den ersten meiner Resturlaubstage, kann also eigentlich ausschlafen. De facto werde ich um halb sechs vom ersten Weckerklingeln wach. Das kleine Kindelein liegt bei uns im Bett und kuschelt ein Weilchen, um dann nochmal kurz einzunicken. Roundabout sechs steht sie dann doch auf, die beiden Anderen Menschen geistern schon durch die Wohnung. Kaum zehn Minuten später geht das allmorgendliche Getöse los, Streitereien, Sticheleien und Geschirrgeklapper beim Frühstück, dem ich aufgrund unseres Wohn/Esszimmer/Schlafraumes (eines zugegebenermaßen recht großen Raumes) nicht entgehen kann. Irgendwann um 07:00 Uhr herum verlassen die drei das Haus und ich kuschele mich erneut ein, bis zum Weckerklingeln um 09.00 Uhr. Ich mache mich in Ruhe fertig und fahre in einen Park in Innenstadtnähe, wo ich mit einer lieben ehemaligen Arbeitskollegin - trotz wenigem Kontakt empfinde ich sie als Freundin - zum Frühstück verabredet bin. Ich bin zuerst dort und werde im Cafe durch eine unerwartet hohe Geräuschkulisse sehr überrascht. Es scheint ein Kurs oder eine Schuklasse von rund 30 Jugendlichen dort zu sein, möglicherweise mit Austauschschülern, wie sich im Verlauf herausstellt. Ich lese, bis auch die im Stau stehende Freundin eintrifft. Wir verbringen einen schönen, entspannten Vormittag dort, der sicherlich noch ein bisschen mehr an Qualität gewann, als sie Schulklasse das Cafe verließ - einfach weil es doch sehr laut war. Mitten im Raum brennt den gesamten Vormittag der Kamin, es ist schön eingerichtet, die Atmosphäre und die Gespräche sind unkompliziert, angenehm und entspannt - trotz mancherlei Ernsthaftigkeit. Mittendrin bedürfen meine  Kinder ein wenig Unterstützung, weil wir lose verabredet sind, zur Klärung, wann wir uns wo treffen und wie sie dort hin gelangen. Ich stelle wieder einmal fest, dass der Grad der Selbständigkeit durchaus variabel ist, wobei die beiden insgesamt schon recht selbständig sind. Letzlich treffen wir uns am frühen Nachmittag am neu eröffneten Busbahnhof der Stadt; jahrelang gab es eine Großbaustelle im Hauptbahnhofsbereich, die nun endlich weitestgehend der Vergangenheit angehört. Ich fahre zum ersten Mal ins dortige Parkhaus und komme im Foyer des Hauptbahnhofes aus. Innen drin ist es irre kalt, gar kälter als draußen und ich sehne mich sehr nach einer Mütze. Als ich die Kinder treffe, kaufen wir zunächst eine Kleinigkeit zu Essen, um dann ein Geburtstagsgeschenk für die beste Freundin des großen Kindes zu besorgen und mit den Besorgungen der diesjährigen Twitterwichelgeschenkte zu beginnen. Lustigerweise findet K1, die sich viele genaue Ideen zurechtgelegt hatte, nahezu nichts, wärhrend K2 spontan und unvorbereitet Vieles für ihr Wichtelkind findet und kauft. Ein wenig blöd ist, dass ich neulich eine Stoffbestellung für ebendiesen Anlass aufgab, aber erst 2 Tage nach der Bestellung die veränderte Lieferzeit bemerkte: 12 - 14  Werktage. So werden unsere Wichtelkinder dieses Jahr wohl 2 Mal Post bekommen....
Von dort aus fahren wir zum Elternsprechtag in die Schule der Kinder. Der erste Termin ist fürs kleine Kind, wo wir mehr soziale Dinge bereden, schulisch ist alles im grünen Bereich, aber es war mir ein Bedürfnis, zurück zu melden, wie sich die Anfangszeit auf der hohen Schule  gestaltet hatte. Ein klein wenig befremdlich fand ich, dass das Erscheinen der Schüler nahezu mit eingefordert wird, wobei sich mir dann der Sinn des "Eltern"sprechtages nicht recht erschließt. Dinge, die die Lehrer mit den Kindern klären können, siedelte ich bisher im Schulalltag an. Mag sein, dass ich aber von der Einrichtung von Einzelgesprächen in unserer Grundschulklasse zwischen Schülern und Lehrerin vor den Elternsprechtagen, auch ein klein wenig verwöhnt bin. 
Anschließend bringe ich die Kinder heim, treffe HerrnNebeL und wir fahren nach Klärung des abendlichen Ablaufes der Kinder zu Hause ohne uns wieder in die Schule, um zwei Gespräche über das große Kind zu führen. Sie kommt aus logistischen Gründen nicht mit, weil uns im Anschluß ein weiterer Termin bevorsteht. Die Gespräche sind vollkommen in Ordnung, wir haben keinerlei Grund zur Sorge, trotz der Tatsache, dass wir zum ersten Mal zum Elternsprechtag gebeten wurden. 
Sehr großartig finde ich - im Gegensatz zu allen SchülerInnen der Klasse -, dass die Klassenlehrerin für jede Ferien verlangt, ein Buch zu lesen. Meistens stellt sie welche zur Auswahl, was in der Regel Bücher sind, die das Kind neimals von selber lesen würde.Am Ende aber ist sie bisher immer recht zufrieden, oder gar begeistert über das jeweilige Buch gewesen. Das große Kind liest sehr viel, ich würde gar behaupten, dass sie bereits mehr gelesen hat in ihrem Leben als ich - und das obwohl ich sehr gerne lese. Um so toller finde ich, wenn auch mal Input bezüglich der Themenwahl von außen kommt und sie Literatur entdeckt, die sie ansonsten nicht beachtet hätte. Dennoch weiß ich, sie wird klagen, dass sie "schon wieder" ein Buch in der Weihnachtszeit wird lesen müssen. Ich verstehe das nicht recht, da sie in den 2 Wochen Ferien sowieso mindestens 2000 Seiten freiwillig lesen wird, so wie ich sie kenne. Als käme es da auf ein paar mer oder weniger an...
Aus der Schule geht  es ab zum Elternabend bezüglich des neuen Sportes der Mädchen. Am letzten Wochenende nahmen sie an einer Cheerleading Meisterschaft teil, an der weitere 130 Mannschaften zugegen waren. Das war ein ziemliches Event. Ihr Team hat das wunderbar gemacht und - auch aufgrund einer glücklichen Fügng - eine Einladung zu einem Summit in Florida nächstes Jahr im Mai bekommen, zu der rund 500 Cheerleading  Mannschaften erscheinen werden. Unter den Eltern tat sich deswegen in den letzten Tagen großer Enthusiasmus auf und der Elternabend diente der Entscheidungsfindung, ob das gewollt und zu stemmen ist.
Es dauerte ein Weilchen und trotz unserer anfänglichen Befürchtung, das wir mit unserer hohem Skepsis und der 99%ig klaren Absage von unserer Seite allein auf weiter Flur stünden, einigte man sich am Ende fast konsensuell darauf, dass das Ganze realitätsfern und vor allem ein paar Nummern zu groß einzuschätzen ist. Um kurz vor acht erinnerte ich die Kinder per Textnachricht kurz an die Bitte, um 20.00 Uhr im Bad und nachfolgend im Bett zu verschwinden. Anschließend hörten und lasen wir nichts weiter mehr. Um 21 Uhr brachten wir nach dem Ende des Elternabends die Trainerin und ihr Auto heim, weil diese angeschlagen war, und sich eine Migräne Attacke ankündigte. Kurzfristig entschieden wir, noch um die Ecke von daheim einzukehren und den recht stressigen Nachmittag und Abend in Ruhe ausklingen zu lassen. 


Es ist großartig, dass wir die Kinder zeitweilig so ganz allein zu Hause lassen können und wenig Sorge haben müssen. Es läuft, und das ist schon ein sehr großes Privileg, ab und an so ein wenig mehr Zeit und Ruhe für uns generieren zu können - auch wenn das heute Abend mit Pflichtterminen verbunden war. Große Kinder sind ganz oft ganz schön toll.
Daheim blogge ich, HerrNebeL geht zu Bett. Ich versuche noch, die Stiefel der Kinder zu bestücken - leider jedoch finde ich die Kleinigkeit, die es neben Bonbons und Schokolade für das große Kind geben sollte nicht und fürchte, dass ich da nun noch improvisieren muss, bevor ich auch schlafen gehen werde.

Mehr Tagebuchbloggerei von heute findet ihr wie immer hier.

Montag, 5. November 2018

WMDEDGT - November 2018

Frau Brüllen fragt wie jeden 5. eines Monats seit einigen Jahren "Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag?". Entstanden ist diese Idee von ihr nach einer ganzen Woche Tagebuchbloggen im Jahr 2013. Ich war damals bereits dabei und mache inzwischen wieder gerne mit. 

Der Tag startet mehr als bescheiden. An geschlafenen Stunden steht vorne eine 4, ich habe blödes Zeug geträumt und das Glas Wein, das ich nach dem gestrigen Blogpost trank, war offensichtlich schlecht. Ich ziehe mir die Decke über die Ohren und warte so lange als möglich, um jedweder schlechten Morgenstimmung der Mädchen aus dem Weg zu gehen, weil ich sicher bin, heute in keiner Form ruhig und entspannt reagieren zu können. Einmal mehr bin ich dankbar um die Morgenroutine des HerrnNebeL, der die Mädels so gut auf den Weg bringt, dass ich mich nur um mich selber kümmern muss. Der seit einiger Zeit an meinem Handgelenk wohnende Tracker knallt mir beim Aktualisieren an den Kopf, wie ich mich fühle: Der Schlaf war stressig, ausnahmslos alles orange. Ich dachte ja immer, man erhole sich wohl im Schlaf. Ich scheine anders zu sein, oder das Ding ist kaputt. Mindestens die Hälfte meines Schlafes ist immer von Stress bestimmt. Wunderlich. Immerhin kann ich mit der Anzeige der Waage heute morgen leben. Die Kinder sind aus dem Haus, ich mache mich fertig und fahre ebenfalls los. Zunächst neuen Kaffee kaufen und Schokolade, die wieder nur die Anderen essen werden. Ich bin völlig durch, auf der Fahrt holt mich wie so oft die Trauer um meine Väter ein. Sie packt mich hinterrücks lächelnd, weil ich in diesem Moment nicht weg kann. Ich sehne mich nach einer Pause, habe aber wieder einmal keine Ahnung, wie ich mir diese nehmen soll und mache, was ich immer mache - halt weiter. Auf dem Weg steigen an der liebsten Wegstelle einzelne Morgennebelfelder auf und ich verwerfe den kurzen Impuls, anzuhalten und einfach hindurch und los zu spazieren. 
Im Büro angekommen, merke ich, dass die extra besorgte Plastikbox, in der ich Kram verstauen möchte, eine  Nummer zu groß ist. Im Nachbarbüro höre ich die Kollegin schniefen und weiß, dass ich mir irgendwann ihre Befindlichkeit werde anhören müssen. Ich schließe Wetten mit mir selber ab, wann sie krank daheim bleibt. Meinen  inneren Unfairnessgefühlen gebe ich heute einen mit dem Holzhammer drüber, weil ich gar nciht darüber nachdenken will, dass ich es schlicht selber schuld bin, oder dass es halt mein eigenes Problem ist, dass ich mir eben keine Auszeit nehme, andere dies aber früher, anders, sorgsamer, was weiß ich tun. Heut geh ich diese Diskussion nicht mit mir ein. 
Ich freu mich über nette Worte auf twitter, denke kurz über meine momentan vorherrschende DauerNotfallSituation nach und lass die Notfallpillen trotzdem in der Tasche, um mir nicht noch ein weiteres Problem zu angeln. Umsichtiger Umgang macht Sinn. Der Vormittag ist hart. Ich stehe einerseits unter Dauerstrom, der Körper kommt andererseits irgendwie nicht mit. Im engen Patientenkontakt finde ich ein wenig Ruhe, weil ich mich einlassen kann auf mein Gegenüber. Ich schüttele manchmal elber den Kopf über mich, wie ich auch in solchen eignenen Hochbelastungssituationen ruhig, geduldig und empathisch mit meinem Patienten umgehen kann und es zugleich so oft schaffe, ihnen genau den Rahmen und Raum zu geben den ich mir selber nicht zu schaffen in der Lage bin. Die Pause mit den Kolleginnen schenke ich mir und trinke nur einen Kaffee in meinem Büro. Nachmittags folgt eine Besprechung, die wiederum Stresspotential mit sich bringt. Ich werde irgendwann vedammt deutlich in bezug auf meines Erachtens nach stattgehabte Versäumnisse. Sachlich, diplomatisch aber ordentlich deutlich. Nach der Besprechung kläre ich die Beweggründe dazu noch kurz mit der Oberärztin, weil der ein oder andere dadurch in keinem guten Licht rumstand. Ist mir egal, ich habe beschlossen, genau so weiter zu machen, weil ich keine Lust habe, alles einfach so hin zu nehmen und nur im Stillen zu schimpfen, wie der eine Teil der Kollegen, oder auf Konfrontationskurs, der auch unter die Gürtellinie  geht, zu gehen, wie der andere Teil der Kollegen. Mir ist nach klarer, fairer Kommunikation, Kompromisskursen und gutem Klima und so verhalte ich mich auch.
Eine weitere Patientin betreue ich noch, bevor ich nach Dokumentationen um etwa 16 Uhr heim fahre. Die Kinder sind noch nicht aus der Schule zurück. Meine Mutter ist zu Hause und bittet um Hilfe. Oft sind ihre Hilfsanfragen so unglaublich banal und gleichzeitig oder gerade deswegen schockierend, dass ich sie gar nicht wiedergeben kann. Ich helfe, keine Frage, aber stehe innerlich manchmal so ratlos da, was ich damit und mit dem Wissen, in was für Dingen sie Unterstützung braucht, machen soll. 
Ich packe anschließend ein Paket aus, in dem eine Menge Pullover für die Schwester zum Geburtstag sind (und eines für mich in fröhlichem grauschwarz :-)). Die Kinder kommen heim, wir bereden kurz ein paar Kleinigkeiten, bevor ich los fahre zum Chor in der Schule der beiden. Er besteht aus einem vokalpraktischen Kurs der Q1 sowie einigen Eltern und wenigen Schülern anderer Stufen. Die Probe ansich ist gut, ich mag die Lieder und manches, was letzte Wcohe noch gar fürchterlich war, klappte plötzlich. Anstrengend sind jedoch 2 Schülerinnengruppen, die sich niemals nicht daran halten können, nicht miteinander zu reden, während die anderen Stimmen proben. Leider findet danach noch ein Elternstammtisch der 9. Klasse statt - und eine der Elternvertreterinnen ist mit im Chor, sodass mir das Drücken darum nicht gelingt. Wir treffen uns in der Kneipe an der Ecke der Straße, quatschen ein wenig über Klassenangelegenheiten. Ich merke, wie wenig ich im Thema bin und wie selbständig das große Kind alles erledigt. Einmal mehr bemerke ich unsere an vielerlei Stelle doch recht strenge Einstellung (kaum social media Apps für die Kinder, keine Fortnite oder andere Baller Spiele, wenig TV, Reglementiereung der Handy Nutzung, kein Handy im Kinderzimmer, das Aufstellen von und Halten an Regeln...). Es ist immer wieder spannend, wie anders manche andere das sehen und agieren. 
Mir schwirrt der Kopf nach den 1 1/2 Stunden, weil die Geräuschkulisse zu hoch ist, die Gespräche zuviel, das Reden zu schnell. Mitten drin erreicht mich die Nachricht, dass HerrNebeL noch arbeitet und ich kläre kurz mit den Kindern, dass und wie sie das Abendprozedere inklusive Abendessen und Schulkram vorbereiten, erledigen sollen. Gegen zehn bin ich daheim, tausche mich kurz mit dem heimgekommenen Gatten aus. Die Kinder sind beide bereits im Bett, die eine schlafend, die andere auf dem Weg dorthin. 
Ich tagebuchblogge mit einer Kanne Kräutertee und versuche nun, ein klein wenig runter zu kommen. Vielleicht in der Wanne, vielleicht mit dem derzeitigen Hörbuch. Darüber hinaus hoffe ich auf eine bessere Nacht und einen entspannteren morgigen Tag. Letzlich erfüllt sich diese Hoffnung momentan sehr selten, sodass ich eigentlich mit einer innerlich sehr hohen pessimistischen Grundstimmung sowohl in die Nächte als auch die Tage gehe. Mir scheint, das ist insgesamt keine gute Idee - leider gelingt das aus Gründen gerade kaum anders.
Vielleicht nächten Monat wieder.
Mehr Tagebuchbloggerei wie immer hier.

Gut siehst du aus

... oder wie mich drölfzig sicherlich lieb und ehrlich gemeinte Kommentare aus der Bahn werfen.

Der Mann der Besten wurde heute 60 und die Beste organisierte einen kleinen Überraschungs-Umtrunk mit schätzungsweise 30 Gästen. Die Beste und ihren Mann kenne ich, seit ich 16 bin sehr eng, nehme seit Jahren an Familienfeiern teil, ihre Kinder sind meine Patenkinder im Herzen, wenn auch schon beide weit über 20 Jahre alt sind. Demnach kenne ich auch viele der Gäste. Meist aber aber sieht man sich selten; an Feierlichkeiten, an Sport Events, die durchaus seltener geworden sind - zumindest in unserer Altersklasse. 
Am späten Nachmittag machten wir uns nach einem wieder mal aufreibenden Vormittag auf dem Weg dorthin - es gab daheim zwar wenig wirklich zu tun, aber da sind stets Dinge, die mich umtriebig machen, die es zu erledigen gilt und die selten ohne Übellaunigkeit enden.
Ich zog ein neueres Kleid an, freute mich, dass es noch passt, weil hier seit Monaten die Kilos schwinden, somit  manches einfach nicht mehr passt oder aussieht wie ein Kartoffelsack, dem der Gürtel fehlt.
Fünf Mal hörte ich den Kommentar: "gut siehst du aus". Schön, ja wie schön eigentlich.
Aber es haut mich um, macht mich traurig und nachdenklich. Ich mag gut, schön aussehen, weil mein Körper eine ansehnliche Silhouette  hat. Konturen mit Kanten, wo es zuvor jahrelang nur Kurven gab. Nicht, weil ich es selbst so gewählt hätte, sondern weil Medikamente und Hormone meinem Körper zusetzten. Ich habe zu viel gewogen, hatte Bauch, war übergewichtig, wenngleich auch viele sagten: "du bist doch nicht dick". Nein und doch. Ich war viel. Nicht immer. Aber zumindest jahrelang.
Heute bin ich deutlich deutlich weniger, weil ich hineinrutschte in eine mir all zu bekannte Sucht. 
Seit ich in der Pubertät war, stand ich auf Kriegsfuß mit meinem Körper, kanalisierte mein verwundetes Seelenleben in die Körperlichkeit. Bis ich schwanger wurde, war ich gefangen in bulimischer Anorexie, mal mehr, mal weniger. Inklusive monatelangem Klinikaufenthalt. Niemals war ich mir wenig genug, niemals hatte ich ein ausgewogenes, realistisches, gar gesundes Verhältnis zu meinem Körper. Als ich schwanger wurde(wovon ich niemals glaubte, dass mein Körper das nach Jahren der Sucht je schaffen würde), konnte ich all das hinten an stellen. Es galt, für mein Kind zu sorgen und ich konnte ein "normales", ein weitestgehend gesundes Essverhalten zulassen. Es war nach der Geburt nie so richtig perfekt. Mein Selbstbild immerzu zu dick, ganz gleich, ob es 65 oder 80 Kilo waren. Aber ich konnte damit leben, konnte es hinnehmen, ich akzeptierte. Es folgten immer wieder Zeiten mit Gewichtszunahmen aufgrund notwendiger Psychopharmaka. Manche vertrug ich besser, andere eben nicht. Seit einiger Zeit nehme ich nur Notfallmedikationen. Auch hier mal mehr und mal weniger, aber Auswirkungen auf meine Körpermasse hat diese keine.
Seit rund einem Jahr esse ich wenig. Oft sehr wenig. Es schlich sich ein, ich verlor aufgrund viel zu vieler äußeer Anforderungen und Umstände den Appettit - wie so mancher es eben tut. Ist das Leben stressig, traurig, schwierig, anstrengend, reagiert jeder anders. Essen macht mir dann keine Freude mehr. Obwohl ich ein Genuß-Mensch bin. Wie sehr ich gutes Essen doch eigentlich mag! Aber seit dem Tod des Stief-Vaters war es mir gleichgültig, seit Beginn der Erbstreitigkeiten erst recht. Zudem nahmen die Belastungen daheim permanent zu. Wie es dann so ist: das Essen fällt irgendwie hinten rüber. Es dauerte nicht lange und es wandelte sich: es war eben nicht mehr nur ein Appetenzverlust, sondern wurde zur Essensverweigerung. Ich aß nur, wenn ich gesehen wurde, aß nur, um nicht aufzufallen. Jedes bisschen Nahrung in mir war zuviel, fühlte sich an wie ein Stein in mir. Ganz manchmal ertrug ich eine Mahlzeit, die objektiv betrachtet zumeist nicht mal eine wahre Mahlzeit war, nicht in mir und ich erbrach sie. Nicht oft, aber es kam eben vor. Die Waage wurde mir Freund und Feind, der Tag definiert durch einen Gewichtsverlust oder eine Zunahme. Ich verlor weit mehr als ein Viertel meines Gewichtes. Ich bin heute (wieder) schlank. 2-3 Kleidergrößen Unterschied zu letzten Herbst. Ich halte mich fest en meinen Knochen, die Hüftknochen stehen heraus, man sieht die Schlüsselbeine. Oftmals habe ich eben diese in der Hand, streiche darüber, spüre ihre so wunderbare Härte. 
Da sind Menschen, die sich sorgen. Menschen, die meine Geschichte kennen. Ich belüge die, die mir nahe stehen in der Regel nicht mehr. Zur Not lasse ich sie gar kontrollieren, wie mein Gewicht ist, wenn sie mir nicht glauben mögen, was die Zahl auf der Waage sagt. Ich gehe offensiv zum Hausarzt und kläre Blutwerte, lasse Mangelernährungszustände checken. Loslassen kann ich aber nicht. Ich bin im unteren Mittel des Normalgewichtes, aber ich bin mir zu viel. Ich schwanke zwischen dem objektiven Wissen, der objektiven Betrachtung und kann dennoch mein Empfinden von Körperschema nicht positiv beeinflussen. Ich bin mir zuviel. Und ich weiß, dass mein Vorsatz, mir nicht mehr zuviel zu sein, wenn ich Gewicht xy erreicht habe, keinen Bestand haben wird. Auch dann werde ich mir zuviel sein. Ich bin gefangen in der Sucht, auch und obwohl ich so vieles weiß, so vieles durchschaue. Ich halte fest an ihr und ich halte mich an ihr fest. Ich sehe momentan keine Auswege, kann momentan keine Hilfen annehmen. Wobei ich reden kann. Thematisieren kann. Wobei ich nicht verleugne. Zumindest einem ausgewählten Personenkreis gegenüber. Das ist weit mehr als früher. Ich erkenne, habe früh erkannt. Dagegen wirken konnte ich dennoch nicht.  
Sie ist nur eines von vielen Übeln, diese Sucht. Oder ein Resultet viel zu vieler Anforderungen, viel zu vieler Entgleisungen im Außen, die ich nicht beeinflussen kann, sondern tragen und obendrein managen muss. Aber sie zehrt selbstredend. Ich gewinne - anscheinend zumindest - Kraft durch Kontrolle, Kraft durch Erfolg im Gewichtsverlust. De facto aber verliere ich an körperlicher Substanz. Das Leben ist anstrengend, alles was mich umgibt fordert. Sehr. Oft permanent. Ich setze durch die Sucht noch einen oben drauf.
Da sind Massen an ambivalenten Gefühlen. Gefühle, die die Sucht mir eintrichtert, Gefühle, die die objektive Betrachtungseise mit sich bringt. Und viele Gefühle, die die Reaktionen von außen in mir auslösen.
Allem voran: das Ding mit dem Essen oder Nicht Essen ist meins. Mir wäre es lieb, wenn das einfach keiner sieht oder mitbekommt. Weder was und wieviel ich esse, noch wie mein Körper sich verändert. Auch wenn ich (noch ein bisschen) fern bin vom Untergewicht: knapp 30 Kilo Gewichtsverlust seit letzten Sommer lassen sich nicht verbergen. Nicht die veränderten Körperformen, nicht das spitze Gesicht, nicht die eingefallenen Wangen.  Auch wenn ich alles gern verbergen würde. Ich möchte gar nicht, dass jemand auf die Idee kommt, Rückschlüsse zu ziehen.
 Andererseits aber bin ich schockiert.
"Gut siehst du aus". Wer sagt das - und wann? Ich kann mich kaum erinnern, häufig Kommentare zu meinem Aussehen bekommen zu haben wenn ich mit 80 Kilo ein Kleid trug. Ein schönes Kleid.  Ich bekomme so oft Kommentare momentan, wie gut und toll ich aussähe. Welche Größe ich jetzt wohl trüge. Und und und.
Warum? Diese Gesellschaft scheint sich nur zu definieren über Super Maße, oftmals sogar wohl die Frau in dieser Gesellschaft scheint all zu oft darüber definiert zu sein. Ist denn die Frau über der "Norm" nicht schön? Bin ich denn wertvoller, wenn ich Kleidung in 36 oder 38 tragen kann, als wenn ich zur 44 greifen muß? Es ist so grenzüberschreitend, eben dies gefragt zu werden. Was geht denn beispielsweise die Schwägerin der Besten meine Kleidergröße an? Natürlich kann und muss ich da meine Grenzen stecken. Es schockiert mich aber so unglaublich, wie sehr Anerkennung verbunden zu sein scheint mit dem Körper; zudem, wie sehr ein Körper schlanken Erscheinungsbildes suggeriert, dass eben alles gut ist.
Nichts ist gut und eigentlich liegt mir ja auch fen, das in aller Öffentlichkeit zu diskutieren.Ich weiß doch, dass die Menschen, die mir ferner sind und die so etwas sagen, ein Kompliment intendieren. Natürlich fühlt es sich gut an, gespiegelt zu bekommen, "gut" aus zu sehen. Ich kann das durchaus heute auch so hinnehmen und glauben, was ich füher niemals tat. Deckungsgleich mit meiner eigenen Empfindung ist das trotzdem nicht. Ich bin mir  zu viel. Deutlich zu viel. Darum gehts es mir gerade aber nicht, sondern darum, dass ich so fassunglos bin, wie sehr Klischees verankert sind, wie sehr das Außen Ton angebend ist für das  Innen eines Menschen.  Wie viel wertvoller "Schlank sein" zu sein scheint, als es eben nicht zu sein.
Mein Innen, meine Geschichte binde ich nicht jedem auf die Nase, keineswegs. Trotz gewonnener Offenheit in all den Jahren mit Erkrankung bin ich weiterhin gern im Team "Klappe halten". Ich kann allerdings ehrliche Nachfragen ab,  verstecke meine Geschichte ansich nicht. Jeder darf immer fragen, und beonders Menschen, die mir nahe stehene, bekommen ehrliche Antworten und ich scheue auch nicht das Gespräch. Aber ich falle auch nirgends mit der Tür ins Haus.
Es ist komplex, es wundert mich einfach sehr, wie es eben so ist. Sicherlich triggert das auch etwas in mir an, wenn eben vielleicht zufällig gehäuft ernst gemeinte Komplimente kommen, die ohne Hintergedanken sind. Aber weiter darüber nachgedacht, bestürzt mich eben das Bild, was in der Gesellschaft vorzuherrschen scheint. Möglicherweise bin ich empfindlich momentan, weil das Leben gerade in seiner Gänze ier kein Einfaches ist und eine bestehende Auswegslosigkeit uns alle ein klein wenig oder ein klein wenig mehr lähmt.
Vielleicht versuche ich einfach das "du siehst gut aus" in mich hinein zu nehmen und es für gut zu nehmen, als die Abwesenheit der Kommentare bei 25 Kilos plus. Manchmal ist es wohl besser, sich das tollste Stück Kuchen abzuschneiden und den Anderen die matschigen Reste zu überlassen. Ich verscuh das mal - sonst wird der Start in die neue Woche wohl eher bescheiden...