Die letzten Monate, an manchen Stellen vielleicht das letzte Jahr, kann ich für mich vielleicht kurz so zusammenfassen: Ich habe eindeutig ein Kapazitätsproblem.
Neben dem Wissen um den drohenden Tod des (Stief)vaters und der zunehmenden dementiellen Entwicklung der Mutter lief der normale Alltag weiter. Ich im Beruf, HerrNebeL noch mehr, Kinder, deren Bedürfnisse, deren Termine. Und das, was obendrauf kam, steigerte sich naturgemäß. Verschlechterung der Krankheit, beginnende Pflegebedürftigkeit, mehr und mehr erforderliche Hilfestellung. Er starb und mit ihm ging vieles, was er im Alltag der Eltern übernommen hatte. Das Bild, was ich vom Vergessen der Mutter hatte, vervollständigte sich in den letzten Monaten und neben der Übernahme all der zu erledigenden Dinge, geschehen hier nahezu täglich kleinere oder größere Katastrophen. Die Verantwortlichkeiten verschieben sich. Ich habe diese nicht mehr nur für meine Kernfamilie, sondern muss sie mehr und mehr übernehmen für meine Mutter. Nicht nur Verwaltungsaufgaben, administrativen Papierkram oder dergleichen, sondern an so vieler Stelle alltagspraktisches Mitdenken, Aufpassen, Kontrollieren, Suchen, Entscheidungen mittragen und auch sanft lenken. Täglich. Abgesehen von dem, was dann aktiv für mich einach zu tun ist, muss ich auch in mir damit zurechtkommen, dass die Frau, die jahrelang Verantwortung für mich trug nun die ist, die meiner Verantwortungsübernahme bedarf. Eine Verantwortungsübernahme, die mir ungleich schwerer fällt, als die beim Vater, wo es vor allem um Hilfestellungen bei körperlichen Gebrechen ging.
Daneben ein Erbstreit, schwelende Trauer, für die es nach wie vor wenig Raum gibt, emotionaler Stress am Arbeitsplatz, ein pubertierendes und ein präpubertierendes Kindelein, ein verkorkster, unerholsamer Jahresurlaub, die kurzfristig aufgetretene Notwendigkeit, uns "mal eben" und am besten gestern für ein neues Auto entscheiden und dies auch möglichst gestern erwerben zu müssen und all die nicht aufzählenswerten, sich aber summierenden Dinge, die eben so anfallen. Obendrauf eine in dem Fall für uns unglückliche Wohnungs- und Raumsituation, die wenig Rückzugsmöglichkeiten bietet - für uns als Einzelpersonen der Kernfamilie und insbesondere für mich als Tochter meiner unter uns lebenden Mutter.
Ich bin nicht verwundert, dass die Limits erreicht sind, inzwischen nicht mehr nur meines, sondern auch das von HerrnNebeL.
Ich suche Zuflucht im Funktionieren und "einfach Machen", irgendwo zwischen Akzeptanz und Resignation, wohl wissend um die Gratwanderung. Nach wie vor ist an vieler Stelle klar, was wichtig wäre. Wenn das irgendwo Thema ist, höre ich wohlgemeinte Ratschläge dessen, was ich selber weiß. Aber selbst, wenn es Möglichkeiten gäbe, Dinge umzusetzen, so mangelt es an den dazu nötigen Kapazitäten: Kraft, Energie, Zeit. Denn das Leben kostet schon ohne das Beachten, ohne das Suchen oder gar Finden meiner Bedürfnisse so viel von diesen, dass da nirgends mehr Raum ist. Jede kleine Tätigkeit, um die nicht drumherum komme, zehrt an den Reserven und das Reservoir ist bereits aufgebraucht, bevor ich auch nur ansatzweise an mich denken kann. Ich stehe derzeit mitten im NebeLmeer auf einem Floß, weit entfernt von sichtbaren Küsten oder ruhigen Gewässern. Momentan stehe ich erstens immerhin wieder darauf und wieder sicher(er), aber ich weiß, dass ich schnell stürzen kann. Ich suche nach Wegen, nach der richtigen Richtung und pendele eben zwischen dieser resignierten aber aktiven Akzeptanz, weiter machen zu müssen und dem mich ausgelaugt treiben lassen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen