Donnerstag, 20. Oktober 2011

Das Ding mit der Musik

Ich mag Musik. Eigentlich. Eigentlich mag ich Musik.

Musik gehörte zu meinem Alltag früher. Unterwegs, daheim. In der Küche, dem Wohnzimmer, dem Schlafzimmer. Überall Musik. Mal nur neben Tätigkeiten, mal bewusstes Musik hören zur Stimmung, mal Begleiten vieler durchwachter Nächte. Musik wenn Besuch da war, Musik zum Lesen, zum Einschlafen, zum Lernen, zum Schreiben. Musik war immer da.
Seit einigen Jahren, seit einer Zeit, in der ich ziemlich krank war, ist das anders. Ich höre kaum Musik, ertrage sie nur schwer bei Tätigkeiten, bei Gesprächen, beim Lesen. Auch das wirkliche Musikhören ohne irgendetwas dazwischen ist nicht mehr meins. Es ist mir zuviel, zu durcheinander, so harmonisch es auch sein mag. Es klingt melodisch, aber dennoch ist da irgendetwas in meinem Kopf, was die Musik sich nachträglcih verzerren lässt, Musik, die sich einbrennt in meinem Kopf, ein endloses, unfilterbares Wirrwarr und Durcheinander. Ich höre noch was "da" ist, Instrumente, Gesang, kann differenzieren. Zunächst zumindest. Aber anschliessend, nachdem ich gehört habe, vermischt sich all das eigentlich Differenzierte in meinem Kopf zu einer schweren, matschigen Pampe und ich ich bekomme ein Gefühl zwischen Dumpfheit und Überforderung.
Am Wochenende, wenn wir gemeinsam frühstüken, hören wir seit jeher "Sonntags Musik". Klassik. Es ist ein Ritual geworden, und es ist schön. Dennoch empfinde ich es als anstrengend; die Musik ist anstrengend, so seicht und leichtfüssig sie auch sein mag.
Nur im Auto, da ist es anders. Komplett anders. Ich höre ständig Musik. Eigentlich nahezu nur dort aus freien Stücken. Und ich höre sie laut. Möglichst sehr, sehr laut. Ich spüre ihre Vibrationen, im Herzchen, in den Füssen und Beinen, den Händen und Armen. Im Rücken. Überall.  Ich sehe die Spiegel wackeln. Und ein Teil von mir kann eintauchen dort in die Stimmungen der Musik, sie annehmen. Oder meine Stimmungen abgeben, dort hinein, sie loslassen, um sie nicht mehr aushalten zu müssen. Ohne auch nur im Ansatz das Gefühl zu haben, dass es anstrengt, dass meine Konzentration schwindet. Ich singe. Und all zu oft höre ich vor Musik meine eigene Stimme nicht mehr.

Absolute Diskrepanz.
Verwunderlich, aber vielleicht irgendwie auch nicht. Ich habe keine Erklärung dafür, ausser vielleicht, dass es eigentlich schon oft mit vielem so war und ist - so oder so. Nur dazwischen, da ist nicht viel.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das ist spannend, mir geht es genau so!

Ich empfinde, egal welche Musik, es als anstrengend, nervend, störend. Es stört mich in meiner Ruhe. Nur im Auto, da läuft immer und immer gerne das Radio. Komisch, oder?

Ich war früher ein Mensch, der ohne Musik kaum leben konnte.

FrauNebeL hat gesagt…

Wirklich sehr sonderbar und komisch. Aber auch sehr spannend, dass es uns da so ähnlich geht!
Früher hätte ich mir das niemals vorstellen können.

Vorstadtpoesie hat gesagt…

Mir geht - oder ging! - es ähnlich, zumindest für lange Zeit. Früher war immer Musik um mich (ein Himmel voller Geigen... ;)), es ging kaum ohne. Schon in der Schwangerschaft änderte sich das irgendwie, oft hatte ich das Gefühl, Rücksicht nehmen zu müssen/wollen auf das Mausekind, und das hielt sich auch, als er dann da war. Und ich erinnere mich noch genau, so genau, an die erste Autofahrt nach der Geburt, als ich alleine 90km zu unserer neuen Wohnung fuhr und so so so laut Musik hörte und es so sehr genoß. Leben!

Dass Musik "so nebenbei" läuft, das kommt inzwischen immer öfter wieder vor, aber nur an Tagen, an denen mein Kopf einigermaßen frei ist. Im Gegensatz zu früher genieße ich aber auch die Ruhe ganz bewußt.

Fehlt sie Dir denn, die Musik?

FrauNebeL hat gesagt…

@Vorstadtpoesie
nein, ich glaube, eigentlich fehlt sie mir nicht.
manchmal fehlt mir das gefühl, mich hineinfallen lassen zu können in die musik, wie früher, hineinfallen und getragen zu werden. aber die musik selber, die fehlt nicht.