Ich schreibe nicht mehr. Und ich nähe nicht mehr. Und das seit ziemlich genau dem Zeitpunkt, als ich anfing, Tabletten zu nehmen. Tabletten gegen Depressionen unter anderem. Sie dämpfen. Aber so nach und nach bemerke ich, dass sie eben nicht nur die Symptome dämpfen sondern auch all das, was gut war. Ich fand immer Entspannung beim Nähen und Freude, habe gern genäht, nicht nur für mich, sondern auch Aufträge.
Es gelingt mir nahezu nicht mehr. Ich finde nicht den Weg dorthin, obwohl ich es mir eigentlich sehr wünsche. Andererseits schlafe ich wieder, wenn auch mehr als mir lieb ist. Nahezu monatelang habe ich nur 4 Stunden geschlafen, war wach und aufgebracht, aufgescheucht wie ein kleines Hühnchen mit ziemlich vielen Ängsten. Ich konnte nicht stillsitzen, konnte keine Ruhe zulassen. Wenn ich nicht anders konnte- im Job zum Beispiel - begann ich zu zählen, zu buchstabieren, vorwärts rückwärts, weil Ruhe mir den Boden unter den Füssen weg zog, ich in einem schwarzen Loch zu versinken drohte. Heute schlafe ich. Oft abends um neun und bin dennoch niemals wirklich erholt. Ich komme am Morgen nicht hoch - und es ändert nichts, wenn ich 8,10 oder 13 Stunden geschlafen habe. Jedesmal brauche ich rund 1 Stunde, um überhaupt aus dem Bett zu kommen. Den ganzen Tag über schleppe ich mich vor Müdigkeit und Antriebslosigkeit dahin, schaffe vieles nicht, was ich eigentlich schaffen müsste. Bei der Arbeit fällt es mir schwer, gut zu arbeiten, und daheim verwahrlost der Haushalt, weil mir nicht viel mehr gelingt, als die Kinder halbwegs gut zu versorgen. In den frühen Morgenstunden übernimmt an Arbeistagen HerrNebeL alles rund um die Kinder - ich würde es einfach nicht schaffen. Und an Wochenendtagen übernimmt er sie auch. Weil ich nicht hoch komme. Ich bin mehr geworden, viel viel mehr. Mehr als 15 kilo habe ich in 6 Monaten zugenommen - obwohl ich esse wie sonst auch. Gerade zu meinem Körper habe ich selbst in schlanken Zeiten schon kein
all zu gutes Verhältnis und Empfinden, da tun die kilos, die dazu
gekommen sind ihr Übriges.
All das in allem liegt mir auf der Seele. Ich bin dankbar darum, dass all die nicht mehr tragbaren Symptome nun auf einem erträglichen Stand sind. Aber es schleicht sich mehr und mehr der Gedanke ein, dass die Tabletten eben nicht nur Segen, sondern auch Fluch sind. Und ich weiss nicht recht, wie ich weitermachen soll. Mir fehlt so vieles. Aber ich habe auch Angst, auszuprobieren, wie es wäre, alles wieder zu reduzieren.
10 Kommentare:
liebe frau nebel...
was sie schreiben, hätte grad einszueins aus meiner feder kommen können. besonders drastisch erschreckend - für mich, wie wohl auch für sie - diese unmöglichkeit, an die nähmaschine zu gehen. DAS sagt irgendwie alles...
trotzdessen, dass ich nichtmal ahne, ob und welchen grund es dafür gibt, sagt meine erfahrung: es gibt wege!
ggf. das medikament wechseln.
und, nach einem ganzen leben voller schwerer depressionen samt aller behandlungsmethoden, kann ich nun sagen: das einzige, was wirklich FREI macht davon, ist eine behandlung auf grundlage von emdr, form einer psyologischen therapie. bei einer therapeutin des vertrauens. schonmal davon gehört?
ansonsten hoffe ich, dass bald ein weg sichtbar und gehbar wird in ein helleres, mit nähmaschinen-lust leben!
alles liebe, von ganzemganzem herzen
<3 johanna
Bin ja stille Leserin hier - aber hast du mal mit deinem Arzt drüber gesprochen ob vielleicht ein anderes Medikament besser passen könnte? So als Alternative zum "belassen" und "reduzieren". Grade bei Antidepressiva braucht es oft länger und mehrere Versuche das richtige zu finden.
Und: bist du dir sicher dass es von den Medikamenten kommt oder doch von der Depression?
Ich denk an dich
@johanna
Danke für die Anstösse, und ja,von emdr hab ich schonmal gehört. Ich werds mal im Kopf halten!
Lieben Gruss
FrauNebeL
@Ilana
Danke Dir! Mit meinem Arzt zu sprechen ist ganz klar das, was ich als nächstes tun werde. Tatsächlich dachte ich bisher nur an ein "entweder" "oder" - eine neue Medikamentenkombi kam mir nicht in den Sinn...
Und ich bin tatsächlich unsicher, ob es die Medis sind oder die Depression - es ist sehr schwer zu differenzieren. Da es in den letzten Monaten immerzu etwas schlimmer wurde, lässt mich eher die Depression als Ursache vermuten, andererseits weiss ich eben, dass das eine Medikament den Antrieb sehr reduziert - und in die Alltagstauglichkeit eingreift, so wie mein Doc sagte.
Ich bin definitiv unsicher und bin sehr gespannt, welchen weg ich mit dem Doc zusammen dann nehmen werde...
Lieben Gruss,
FrauNebeL
Achje, lass Dich mal drücken! Das klingt ja nicht so toll bei Dir.
Es ist gut, dass Du mit dem Arzt sprechen willst. Und wenn es nur dafür ist, Dich noch einmal zu versichern, dass das jetzt wirklich der richtige Weg ist. Aber vielleicht ist er es ja nicht und Ihr findet einen besseren Ansatz.
Meine Schwester nahm bis vor Kurzem auch Medikamente gegen Depressionen. Zusätzlich machte sie eine Gesprächstherapie und das ganz besonders hat ihr auch sehr geholfen. Aber sie hatte nie so arge Nebenwirkungen wie Du sie jetzt schilderst.
Ich schick Dir ganz viel Kraft (!) und Energie (!) rüber und hoffe sehr und drücke alle Daumen, dass es Dir bald wieder besser geht und Du Deinen alten Antrieb wiederfinden kannst!
Liebe Grüße!
Oh weh. Gerne möchte ich Dich jetzt einmal feste drücken und in den Arm nehmen, wenn es auch nicht hilft - um Dir aber zu zeigen, Du bist nicht alleine.
Ich finde es sehr mutig von Dir, hier so offen darüber zu schreiben und ich wünschte, ich könnte helfen, irgendwie. Mein erster Gedanke war aber auch - Medikamenten wechseln? Ich weiss von einem Freund, der ebenfalls an einer Depression erkrankt war, dass es über ein Jahr gedauert hat, bis er die richtige Kombination gefunden hat (resp. sein Arzt), zwischendrin hat er glaube ich drei oder vier verschiedene Varianten ausprobiert. Nun läuft es insgesamt gut, er hat wieder ebenjenen Antrieb und genießt selbst das Arbeiten.
Ich wünsche Dir jedenfalls von Herzen, dass Du einen Weg hinaus und zurück ins Leben findest, so bald als möglich. Mit den allerbesten und liebsten Gedanken für Dich, die Frau aus der Vorstadt
Unbedingt wechseln, ein gutes und geeignetes Antidepressivum macht Dich ruhiger, angstfreier, aber hemmt nicht Deine Kreativitaet und Deinen Antrieb.
Ich bin bei dir in Gedanken und wünsche dir Licht und wenn wir uns das nächste Mal sehen werde ich doppelt froh sein.
Ich drücke dich und sende dir gute Gedanken
Susanne
Ich drück dich still - und ich hoffe, dass Licht kommt, und Luft, und dass die Liebe dich trägt!
ganz liebe Grüße
Patricia
Danke Euch allen!
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