Sonntag, 31. Juli 2011

So Fragen

Ich wusste, irgendwann würden sie kommen, die Fragen von meinem grossen Mädchen.
So wie ich weiss, dass auch Fragen vom kleinen Mädchen kommen werden, irgendwann.
Fragen nach "was" und "warum" und "woher".
Ich möchte nicht lügen. Doch die Frage ist , kann und will ich einer 6 jährigen die Wahrheit sagen? Prinzipiell beantworte ich ihre Fragen immer genau, gebe bei Themen, bei denen ich nicht sicher bin, wie viel gut für sie ist, kurze und relativ präzise Antworten ohne viel drumherum zu erklären und vertraue darauf, dass sie eben genau so viel fragt, wie sie es in ihrem Herzchen und Köpfchen verarbeiten kann. Hier betreffen ihre Fragen nun ganz klar mich, meine durchaus sichtbare Vergangenheit. Ich habe geantwortet, ja. Aber das war wohl eines der ersten Male, bei dem ich eigentlich keine Antwort gegeben habe. Sie sieht das "was", und weiss trotz Fragen noch immer nicht "woher" oder "warum".
Schütze ich sie, wenn ich  verschweige? Oder mache ich es ihr schwerer? Wird irgendwer anders sie ins kalte Wasser schubsen und ihr ungefragt die Antworten auf ihre unbeantworteten Fragen an mich geben? Was wird passieren, wenn ich ihr klar antworte? Was wird passieren, wenn ich es nicht tue?
Ich wäge ab, kann aber nicht planen mit den eigentlichen Unwägbarkeiten. 
Meinem Patenkind sagte ich vor Jahren, dass sie darauf vertrauen solle, dass ich es ihr erzählen würde. Irgendwann. Was ich auch tat - zehn Jahre später. 
Nun aber ist  es gleich und doch so anders. Ich bin zugegebenermassen ein wenig ratlos, ob und wie ich sie mit Beängstigendem, Sonderbarem, Skurrilem, für sie Unvorstellbarem aus meinem Leben konfrontieren mag, kann und  darf. Oder sogar muss?

3 Kommentare:

blumenpost hat gesagt…

Ich glaube Kinder verstehen viel mehr als man manchmal glaubt und wenn man versucht auch schwieriges irgendwie kindgerecht zu erklären dann kommen sie damit zurecht. In Ungewissheit gelassen zu werden ist manchmal viel schlimmer als zu wissen, dass da etwas war und man es aber hinter sich gelassen hat.
Und ich hab da Erfahrung...so aus der Sicht des Kindes zumindest.

rebis hat gesagt…

Das sind auch meine Fragen derzeit - was und wie erzähle ich meinen Kindern. Ich fühle mich unsicher und unbeholfen, scheue mich Worte herauszulassen. Aber spüre deutlich: Ich MUSS erzählen. Die Kinder spüren alles, ertasten es sich, sind voller Ahnungen. Bauen sich ihr eigenes Gedanken- und Gefühlsgebäude daraus. Und wenn ich sie damit allein lasse, wird es beängstigend und bedrohlich. Bleibt unvorstellbar und unklar, flutet auf ungute Weise in ihr wachsendes eigenes Leben - das ahne ich, nein, WEIß ich.

Erinnere mich an die eigene Kindheit: Ich ahnte alles. Das tat so weh. Weil ja die Hoffnung lebte, alles würde wieder gut. Erst als meine Eltern klare Worte fanden - "Wir werden uns trennen" - konnten Tränen fließen, und Schmerz, und damit Heilung. So habe ich es als Kind erlebt.

Im Moment suche ich das Gespräch mit meinen Kindern von mir aus, warte nicht auf ihre Fragen. (Die sie wohl gar nicht mehr wagen zu stellen, glaube ich. Aus Angst.) Frage sie, wie sie die Situation derzeit erleben, was sie wahrnehmen, wie sich unser Leben für sie anfühlt. Und greife das auf, was sie mir von ihrer Innenwelt zeigen, erzähle ihnen das, was ihr Erleben verursacht hat, versuche es in ihre Sprache zu übersetzen. Das ist schwer, und ich bin nicht sehr mutig dabei, aber ich glaube, es ist ein Muss.

Eine Frau, die mich durch diese Zeiten sehr nah begleitet, sagte immer wieder: "Vertraue! Du kannst Deinen Kindern den Schmerz nicht abnehmen. Das sollst Du auch gar nicht. Aber Du darfst vertrauen. Sie werden es tragen. Sie werden alles tragen, wenn Du nur ehrlich und unverbogen Deine Schritte setzt."

Ich sende Dir ein Stück von diesem "Vertraue!" Unsere Kinder schaffen das ...

Lieben Gruß
Uta

FrauNebeL hat gesagt…

Liebe _blumenpost,
liebe Uta,
ich danke Euch für Eure Worte!